Mai-Kundgebungen: DGB übt Schulterschluss mit der Merz-Regierung

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und seine Einzelgewerkschaften haben die Kundgebungen zum Ersten Mai genutzt, um der rechten Merz-Regierung und ihrer wahnsinnigen Aufrüstungspolitik ihre uneingeschränkte Unterstützung zu erklären. Während sich Arbeiter angewidert von diesem Spektakel abwandten, unterstützten zahlreiche pseudolinke Jubeltruppen die Gewerkschaftsbürokraten – was aber nichts daran änderte, dass die Kundgebungen zumeist winzig waren.

DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi [Photo by Raimond Spekking / wikimedia / CC BY-SA 4.0]

DGB-Chefin Yasmin Fahimi, früher Generalsekretärin der Regierungspartei SPD, sprach am Karl-Marx-Monument in Chemnitz vor weniger als tausend Gewerkschaftsbürokraten und Rentnern. Sie begrüßte explizit das Sondervermögen der neuen Regierung, mit dem Deutschland „kriegstüchtig“ gemacht werden soll. „Die Entscheidung, das Grundgesetz zu ändern, um finanzielle Spielräume dafür zu schaffen, die ist richtig und notwendig gewesen“, erklärte Fahimi.

Das Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für die Infrastruktur und die unbegrenzten Summen für Krieg und Aufrüstung dienen nicht der Schaffung von Arbeitsplätzen und der Verbesserung des Lebens von Arbeitern, wie die DGB-Vorsitzende glauben machen wollte. Sie dienen dazu, Deutschland wieder in eine militärische Großmacht zu verwandeln und in die Lage zu versetzen, „innerhalb von drei bis fünf Jahren“ Krieg gegen Russland führen zu können, wie Verteidigungsminister Pistorius (SPD) verkündet hat.

Arbeiter zahlen für diese wahnsinnigen Pläne mit ihren Arbeitsplätzen, Löhnen und letztlich mit ihrem Leben. Die Gewerkschaften gehören zu den treibenden Kräften von Handelskrieg und Aufrüstung. Sie haben den Internationalen Kampftag der Arbeiterklasse in ein nationalistisches Spektakel verwandelt. In den USA bejubeln die Gewerkschaften Trumps Zollpolitik, in Deutschland fordern sie Vergeltungsmaßnahmen der Regierung und „Standorttreue“ der Unternehmen, wie es Fahimi ausdrückte. „Die Antwort auf ‚America First‘ kann nur lauten: ‚Europe United‘!“, schärfte sie ihren Zuhörern ein.

Die Gewerkschaftsbürokraten begnügten sich nicht damit, der neuen Bundesregierung des ehemaligen BlackRock-Managers Friedrich Merz ihre Unterstützung zu versichern, sie boten auch zahlreichen Vertretern der beiden Regierungsparteien eine Bühne. In Hamm sprach Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD), in Potsdam der dortige Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD), in Frankfurt der SPD-Oberbürgermeister Mike Josef, in Erfurt Ministerpräsident Mario Voigt (CDU) und in Siegburg Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU).

SPD und CDU haben sich in den vergangenen Tagen auf eine Koalition verständigt, die den Arbeitern den Krieg erklärt. Um die Kriegskredite über eine Billionen Euro wieder einzutreiben, planen sie heftige Angriffe auf Arbeitsplätze, Löhne und Sozialleistungen. Die Gewerkschaften sind bereit, dieses Programm der Kürzungen gegen die Arbeiter durchzusetzen. Das haben sie bereits mit der Abwicklung zehntausender Arbeitsplätze in der Auto- und Zulieferindustrie und mit dem Ausverkauf der Tarifauseinandersetzungen im Öffentlichen Dienst und bei der Post bewiesen. Auf den Kundgebungen zum Ersten Mai haben sie das noch einmal unterstrichen.

Arbeiter wenden diesem reaktionären Spektakel zurecht den Rücken zu. Laut DGB waren auf allen 420 Kundgebungen und Veranstaltungen insgesamt nur 310.000 Teilnehmer anwesend – und diese Zahl ist deutlich übertrieben. Die Maikundgebungen, die einst Millionen auf die Straße brachten, um für ihre Rechte und gegen den Kapitalismus zu kämpfen, sind längst zu Bratwurstverköstigungen für Gewerkschaftsfunktionäre verkommen.

In dieser Situation erhalten die Gewerkschaften Unterstützung von der Linkspartei und den pseudolinken Gruppen in ihren Reihen und ihrem Umfeld. Parteichefin Ines Schwerdtner sprach auf der zentralen Kundgebung in Chemnitz Seite an Seite mit Fahimi, Gallionsfigur Gregor Gysi in Solingen. Die Linkspartei ist auf Landesebene selbst für drastische Kürzungen verantwortlich und hat im Bundesrat den Billionen-Kriegskrediten zugestimmt.

Ab dem 2. Mai veranstaltet die parteinahe Rosa Luxemburg Stiftung in Berlin eine dreitägige Konferenz unter dem Titel „Gewerkschaftliche Kämpfe als Antwort auf Rechtsruck, Transformation und Kürzungspolitik“. Hier diskutieren gewerkschaftlich aktive Vertreter der Linkspartei und pseudolinker Gruppen, wie man der Bürokratie den Rücken freihält, sie von links abdeckt und verhindert, dass Arbeiter aus der gewerkschaftlichen Zwangsjacke ausbrechen und sich unabhängig organisieren.

Die mehrere Dutzend Arbeitsgruppen diskutieren Themen wie: „Sichtbar werden! Aktionen eindrucksvoll inszenieren“, „Wozu noch Gewerkschaften?“, „Aufschwung trotz Gegenwind: Die Erneuerung der US-Gewerkschaften“, „Mit (Zukunfts-)Tarifverträgen die Transformation gestalten?“, „Politik unter Druck setzen“ und „Nachhaltiger Aufbau von Betriebs-Gruppen und Vertrauensleutestrukturen“.

Eine besonders üble Rolle spielen dabei die verschiedenen pseudolinken Gruppen in und um die Linkspartei, die das rechte Schauspiel mit linken Phrasen abdecken.

Die Revolutionäre Internationalistische Organisation (RIO) ruft Arbeiter und Jugendliche auf, an den DGB-Kundgebungen teilzunehmen, sich die Reden der Regierungsvertreter und Gewerkschaftsbürokraten anzuhören, und behauptet, so könne man „gegen Aufrüstung, Rassismus und Kürzungen“ kämpfen. RIO ist der deutsche Ableger der morenoistischen „Trotzkistischen Fraktion“, die schon vor Jahrzehnten mit dem Trotzkismus gebrochen hat.

Die Sozialistische Alternative (SAV) vom CWI behauptet sogar, dass die Gewerkschaften wie die Bolschewiki in der Oktoberrevolution den Krieg stoppen und den Kapitalismus stürzen könnten. Die Voraussetzung sei, dass Arbeiter wieder in die Gewerkschaften einträten. „Dabei ist die Organisierung der Unorganisierten in der aktuellen Lage eine zentrale Aufgabe der Gewerkschaften“, so die SAV. Dabei könnten „ Hauptamtliche Organizer*innen in Schlüsselbetrieben“ eine „wichtige Rolle spielen“.

Auch die Sozialistische Organisation Solidarität (SOL) setzt sich zum Ziel, den Mitgliederschwund der Gewerkschaften aufzuhalten. Hier müsse die Linkspartei eine wichtige Rolle spielen. Die Linkspartei müsse die „sozialpartnerschaftliche Ausrichtung“ der „oberen Gewerkschaftsbürokratie“ kritisieren, denn nur so lasse sich verhindern, „dass immer mehr Mitglieder den Gewerkschaften wieder aus Enttäuschung den Rücken zukehren“.

Da soll der Teufel den Exorzismus selbst durchführen. Die Linkspartei, die in Ostdeutschland den Kapitalismus restauriert hat, das Selbstverteidigungsrecht Israels beschwört und den Krieg gegen Russland unterstützt, soll die Gewerkschaften, die das Spardiktat und die Kriegspolitik gegen die Arbeiter durchsetzen, in Organisationen des Klassenkampfs verwandeln!

In Wirklichkeit liegt dem Bündnis der Gewerkschaften mit der Regierung nicht einfach die – zweifelsfrei bestehende – Korruptheit der „oberen Bürokraten“ zugrunde. Die Gewerkschaften standen schon immer auf dem rechten Flügel der Arbeiterbewegung und reagierten auf die Krise des Kapitalismus, indem sie die Reihen mit den Herrschenden schlossen. 1914 organisierten sie den Burgfrieden, um den Widerstand der Arbeiter gegen den Weltkrieg zu unterdrücken, und schickten ihre eigenen Mitglieder auf die Schlachtfelder. Am 1. Mai 1933 marschierten sie sogar unter dem Hakenkreuz und boten Hitler die Zusammenarbeit an, der – ermutigt durch so viel Feigheit – am nächsten Tag die Gewerkschaftshäuser stürmen ließ.

Die Globalisierung der Produktion nahm den Gewerkschaften ab den 1980er Jahren auch noch ihre Geschäftsgrundlage – Kompromisse mit dem Kapital im nationalen Rahmen. Seither haben sie sich aus reformistischen, pro-kapitalistischen Arbeiterorganisationen in Co-Manager und Betriebspolizisten der Unternehmen und Regierungen verwandelt. Sie sind deshalb unter breiten Teilen der Arbeiterklasse verhasst.

Um ihre elementaren Rechte zu verteidigen und die Kriegsentwicklung zu stoppen, müssen Arbeiter mit diesen Organisationen brechen und sich in unabhängigen Aktionskomitees organisieren. Diese Komitees müssen sich international in der Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees (IWA-RCF) zusammenschließen und dem wachsenden Nationalismus und Handelskrieg die internationale Einheit der Arbeiter entgegensetzen.

Doch das ist nicht einfach ein organisatorischer Schritt. Der Bruch mit den Gewerkschaften und mit prokapitalistischen Organisationen wie der Linkspartei erfordert eine politische Bilanz und eine sozialistische Perspektive. Das Internationale Komitee der Vierten Internationale setzt den Kriegskundgebungen der Gewerkschaften eine internationale Online-Kundgebung zum Maifeiertag entgegen. Registriert Euch jetzt, um am Samstag um 21 Uhr live dabei zu sein.

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