Die kanadische Parlamentswahl am 28. April stand ganz im Zeichen von Trumps globalem Handelskrieg und seiner Aussage, Kanada mit „wirtschaftlicher Gewalt“ in einen 51. amerikanischen Bundesstaat zu verwandeln.
Nach einem Wahlkampf, in dem alle Parteien einen aggressiven kanadischen Nationalismus propagierten, konnten sich die Liberalen unter ihrem frisch gekürten Vorsitzenden, dem ehemaligen Zentralbanker und Spitzenmanager Mark Carney, an der Macht halten.
Sie taten dies, indem sie auf einer Welle der Feindseligkeit vonseiten der kanadischen Bevölkerung gegenüber dem faschistischen Möchtegern-Diktator Trump ritten.
Vor Trumps Flut von Handelskriegsmaßnahmen und Annexionsdrohungen sowie dem erzwungenen Rücktritt von Justin Trudeau als Premierminister Anfang Januar war die liberale Regierung tot. Mehr als ein Jahr lang hatten die Meinungsumfragen darauf hingedeutet, dass die Konservativen unter ihrem rechtsextremen Vorsitzenden Pierre Poilievre bei den kommenden Wahlen an die Macht kommen würden.
Doch die Rückkehr Trumps ins Präsidentenamt wurde Poilievre zum Verhängnis. Obwohl die Konservativen bei der Wahl 2021 Sitze und Stimmen hinzugewannen, indem sie vor allem an die Wut der Bevölkerung über die dramatisch steigenden Lebenshaltungskosten appellierten, wurden sie von der arbeitenden Bevölkerung wegen ihrer offensichtlichen Affinität zu Trump entschieden abgelehnt. Die Anlehnung an Trump hatte sich in der Übernahme von „Canada First“ als wichtigstem Wahlkampfslogan und einer Trump-ähnlichen rechtsextremen Agenda ausdrückt.
Diejenigen Arbeiter und Jugendlichen, die für Carney und seine Liberalen gestimmt haben, weil sie glaubten, dass sie irgendeine Art von fortschrittlicher Antwort auf Trump und alles, was er repräsentiert - Oligarchie, Diktatur, Faschismus und Krieg - darstellen, wurden grausam getäuscht.
Hierfür sind in erster Linie die Gewerkschaften und die sozialdemokratische Neue Demokratische Partei (NDP) verantwortlich. Sie haben die letzten fünf Jahre damit verbracht, die liberale Minderheitsregierung von Trudeau zu stützen. Die Regierung wiederum setzte die Pandemiepolitik der herrschenden Klasse nach der Devise „Profit vor Leben“ um, führte Krieg gegen Russland, erhöhte massiv die Militärausgaben, unterstützte den Völkermord im Gazastreifen und illegalisierte Streiks. Die Gewerkschaften und die NDP waren dabei die entschiedensten Befürworter der von der liberalen Regierung angeführten Gegenoffensive des kanadischen Kapitalismus im Handelskrieg, die sich gegen die Arbeitsplätze und den Lebensstandard der amerikanischen Arbeiter richtet.
Die Gewerkschaften und die NDP haben die Arbeiterklasse jahrzehntelang an die kapitalistische Politik gefesselt und den Massenwiderstand gegen Sparpolitik und Krieg unterdrückt. Sie haben argumentiert, sie müssten sich mit den Liberalen verbünden, um die Machtübernahme der Konservativen, der offensten Befürworter der Reaktion, zu verhindern. Angesichts dessen ist es kaum verwunderlich, dass die Unterstützung für die NDP angesichts der Bedrohung durch Trump eingebrochen ist. Der Anstieg der Unterstützung für die Liberalen um 11 Prozentpunkte ging größtenteils auf ihre Kosten.
Die liberale Carney-Regierung wird eine Regierung der Sparprogramme, der Aufrüstung und des Krieges sein. Dies zeigt sich allein schon in der Übernahme wichtiger konservativer Positionen. Im Namen der Stärkung von „kanadischer Souveränität“ und der „wirtschaftlichen Widerstandsfähigkeit“ wird sie die Trump-ähnliche Politik umsetzen, nach der die herrschende Klasse schreit. Dazu gehören: massive Kürzungen der Sozialausgaben zur Finanzierung von Steuersenkungen für Unternehmen und höhere Verteidigungsausgaben in zweistelliger Milliardenhöhe pro Jahr, die Abschaffung aller umweltpolitischen und sonstigen regulatorischen Beschränkungen für das Kapital und das dauerhafte Verbot von Streiks in den Bereichen Verkehr, Logistik und anderen kritischen Infrastrukturen.
Wenn Carney oder der Tory-Premier im Bundesstaat Ontario Doug Ford oder ein anderer politischer Vertreter der kanadischen herrschenden Klasse sich gegen Trump aussprechen, so geschieht dies ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Verteidigung der räuberischen wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen des kanadischen Imperialismus.
Die bei weitem bevorzugte Option der kanadischen Bourgeoisie ist die Beibehaltung ihrer langjährigen wirtschaftlichen und militärischen Partnerschaft mit dem US-Imperialismus. In dieser Funktion möchten sie die anerkannte Rolle als Juniorpartner Washingtons und der Wall Street übernehmen in einer von Trump geführten Festung Nordamerika, die darauf abzielt, die globale Hegemonie der USA gegen China und alle anderen zu sichern.
Am Tag nach der Wahl kündigte Carney an, dass er sich zu diesem Zweck bald mit Trump treffen werde. Sollten solche Verhandlungen jedoch scheitern, wird Ottawa - wie Carney bereits angedeutet hat, indem er sich der britischen, deutschen und französischen Regierung anschloss und auf die Fortsetzung des Krieges gegen Russland drängte - versuchen, die Söldnerinteressen der kanadischen herrschenden Klasse zu sichern, indem es sich mit anderen imperialistischen Mächten an Aggression und Krieg beteiligt.
Trump ist eine Bedrohung für die Arbeiter in Kanada und in der Welt.
Die Arbeiter können sich ihm, der sozialen Konterrevolution und dem Krieg jedoch nur entgegenstellen, indem sie sich der herrschenden Kapitalistenklasse, all ihren politischen Vertretern und dem föderalen Staat des kanadischen Imperialismus widersetzen, ihre Kämpfe mit denen der Arbeiter in den USA, Mexiko und darüber hinaus vereinen und eine Massenbewegung für den Sozialismus entwickeln.
Das Haupthindernis für einen solchen Kampf sind die Gewerkschaften, die NDP und ihre pseudolinken Anhängsel.
Jahrzehntelang haben sie den Klassenkampf unterdrückt, während sie sich immer stärker in eine korporatistische Partnerschaft mit dem Großkapital und dem Staat eingebunden haben.
Vom Herbst 2021 bis zur staatlichen Niederschlagung des Postarbeiterstreiks im vergangenen Dezember gab es eine große Streikwelle. Aber zu jedem Zeitpunkt haben die Gewerkschaften in Zusammenarbeit mit der von der NDP unterstützten liberalen Regierung diese Kämpfe isoliert und abgewürgt. Ein wesentliches Element dabei war, dass die Gewerkschaftsapparate auf beiden Seiten der kanadisch-amerikanischen Grenze gemeinsame Kämpfe von Arbeitern, die bei denselben Unternehmen beschäftigt waren, wie in der Automobilindustrie, in den Docks an der Westküste und bei der Eisenbahn, blockierten. Dies war sogar dann der Fall, als parallel Tarifverträge ausliefen und ähnliche Forderungen gestellt wurden.
Der politisch-ideologische Kitt der korporatistischen Partnerschaft von Gewerkschaftsbürokratie mit Großkapital ist der reaktionäre kanadische und québecische Nationalismus. Dieser beruht auf der Lüge, dass der kanadische Kapitalismus eine Art „fortschrittliche“, „sanftere, freundlichere“ Gesellschaft als die räuberische Dollarrepublik im Süden darstellt. Während die herrschende Klasse immer weiter nach rechts rückt, fordern der Gewerkschaftsapparat und die NDP die Arbeiter auf, sich im Handelskrieg im Namen zur Verteidigung „kanadischer Werte“ hinter sie zu stellen
Die Gewerkschaften und die NDP rechtfertigen ihre Unterstützung für die Angriffe der liberalen Regierung auf die Arbeiterrechte und den Lebensstandard sowie ihren unablässigen fahnenschwenkenden Nationalismus während des Handelskriegs mit der Behauptung, dass diese Politik die rechtsextreme Bedrohung durch Trump und Poilievre aufhalten wird. Tatsächlich haben sie nicht nur Carney, einen skrupellosen Vertreter der Finanzoligarchie, gestärkt, sondern auch etliche Arbeiter hinter den rechtsextremen Demagogen Poilievre getrieben. Poilievre hat mit einem zynischen sozialen Appell die Wut der Arbeiter über die von den Gewerkschaften und der NDP unterstützten liberalen Regierung und deren Verantwortung für ihre wirtschaftliche Notlage ausgenutzt.
Die Flitterwochen von Carneys Minderheitsregierung werden sich als kurzlebig erweisen. Obwohl sie von den Gewerkschaften uneingeschränkte Unterstützung und von der NDP parlamentarische Rückendeckung erhält, wird das Sparprogramm der Liberalen, der imperialistische Krieg, die Erhöhung der Militärausgaben und die Kosten des Handelskriegs sie in direkten Konflikt mit der Arbeiterklasse bringen. Millionen von Arbeitern, die für die Liberalen gestimmt haben, weil sie glaubten, sich gegen Trump zu stellen, und nicht wenige von denen, die auf Poilievres Demagogie hereingefallen sind, werden schnell erkennen, dass sie für dumm verkauft wurden.
Diese Kämpfe werden parallel zum wachsenden sozialen Widerstand in der amerikanischen Arbeiterklasse gegen Trump geführt. Es ist diese Kraft - der „innere Feind“, den Trump als „größte Bedrohung“ bezeichnet hat - an die sich die Arbeiter in Kanada wenden müssen.
Kanadische und amerikanische Arbeiter werden, wie Trumps Handelskrieg auf so erschütternde Weise gezeigt hat, von denselben riesigen multinationalen Unternehmen ausgebeutet und sind objektiv vereint in der integrierten Produktion zahlloser Waren. Sie haben auch eine starke Tradition des gemeinsamen Kampfes, die die Gewerkschaften und die Pseudolinken lange Zeit zu verunglimpfen und zu verschleiern versucht haben.
Die SEP (Kanada) erklärte in ihrem Wahlaufruf:
Alle großen Umwälzungen der Arbeiterklasse in Nordamerika - von den Knights of Labor über die Sitzstreiks der 1930er Jahre bis hin zu den sozialen Massenkämpfen der 1960er Jahre - fanden Unterstützung auf beiden Seiten der kanadisch-amerikanischen Grenze, auch unter den französischsprachigen Arbeitern in Quebec. Die Aufgabe besteht heute darin, sich die besten Elemente dieser Traditionen anzueignen und sie mit einem neuen, höheren sozialistischen Inhalt zu füllen.
Dieselbe Systemkrise des globalen Kapitalismus, die Trump dazu treibt, eine faschistische Diktatur in den USA zu errichten und die Landkarte durch die Beschlagnahme Kanadas, Grönlands und des Panamakanals neu zu zeichnen, um einen Krieg mit China vorzubereiten, zwingt die kanadische imperialistische Bourgeoisie dazu, auf nicht weniger rücksichtslose Methoden zurückzugreifen, um die Ausbeutung der Arbeiter zu verschärfen und ihren Platz in der barbarischen Neuaufteilung der Welt zu sichern, die bereits im Gange ist.
Der Kampf gegen Trump muss als Kampf gegen den amerikanischen und kanadischen Imperialismus und für die Einheit der kanadischen, amerikanischen und mexikanischen Arbeiter im Kampf für ein sozialistisches Nordamerika entwickelt werden. Das bedeutet, dass wir alle Versuche ablehnen, die Arbeiter in Handelskriegen gegeneinander auszuspielen und sie entlang nationaler, ethnischer oder sprachlicher Grenzen zu spalten, wie es die Separatisten in Quebec tun.
Es bedeutet, für alle Arbeiterrechte einzutreten, einschließlich des Rechts von zugewanderten Arbeitern, dort zu leben und zu arbeiten, wo sie wollen, ohne Angst vor staatlicher Verfolgung. Das bedeutet vor allem, dass die Arbeiter den Kampf aufnehmen müssen, um die revolutionäre Führung auf der Grundlage des sozialistischen und internationalistischen Programms aufzubauen, das die unlösbare kapitalistische Weltkrise erfordert.
Der Kampf für dieses Programm steht im Mittelpunkt der internationalen Online-Kundgebung zum 1. Mai an diesem Samstag. Wir appellieren dringend an alle Arbeiter, die den imperialistischen Krieg, die drohende faschistische Diktatur und den Angriff auf ihre Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen bekämpfen wollen: Schließt euch an und nehmt an der Kundgebung teil!