Minister von CDU und CSU: Finanzoligarchie und Staatsmacht rücken zusammen

CDU und CSU haben am Montag die Namen ihrer Minister in der zukünftigen Bundesregierung bekannt gegeben. Die Unionsparteien stellen neben dem Bundeskanzler insgesamt zehn Minister und die SPD sieben, darunter den Verteidigungs-, den Finanz- und den Arbeitsminister. Die SPD wird die Namen erst nach Abschluss des Mitgliederentscheids über den Koalitionsvertrag am Dienstag bekannt geben.

Der rechte Publizist Wolfram Weimer wird neuer Kulturstaatsminister [Photo by Raimond Spekking / wikimedia / CC BY-SA 4.0]

Die Nominierungen von CDU und CSU zeigen, dass die Rechtsruck, der in den USA unter Donald Trump stattfindet, keine Ausnahme ist. Die Rückkehr zum Militarismus, die den Kern des Programms der zukünftigen Regierung ausmacht, erfordert auch auf dem Gebiet der Inneren Sicherheit, der Wirtschaftspolitik und der Kultur eine scharfe Wende nach rechts. Obwohl die Union momentan eine Koalition mit der rechtsextremen AfD noch ausschließt, hat sie deren Standpunkte in zahlreichen Fragen übernommen.

Mehrere Nominierte – darunter Außenminister Johann Wadephul, Bildungsministerin Karin Prien und Kanzleramtschef Thorsten Frei – blicken auf eine jahrzehntelange Parteikarriere zurück. Sie haben die Ochsentour von der Jungen Union über diverse Parteiämter und Mandate in Kommunen, Ländern und Bund zurückgelegt und verdanken ihre Ernennung ihrer politischen Nähe zum zukünftigen Bundeskanzler Friedrich Merz.

Merz, der vor seiner Rückkehr in die Politik in den Aufsichtsräten zahlreicher Banken und Großkonzerne saß und die deutsche Tochter der weltgrößten Investmentgesellschaft Blackrock leitete, hat – was in der deutschen Politik ungewöhnlich ist – auch zwei Minister direkt von der Spitze großer Konzerne in die Regierung geholt. Wie in den USA, wo Multimilliardär Elon Musk zu den engsten Beratern des Präsidenten gehört, rücken Finanzoligarchie und Staatsmacht enger zusammen.

Der sogenannte Arbeitnehmerflügel der CDU, die Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft (CDA), ist dagegen erstmals unter einem CDU-Kanzler leer ausgegangen, was sie bitter beklagte. CDA-Chef Dennis Radtke nannte die Kabinettauswahl „befremdlich und falsch“. Eine CDU-geführte Bundesregierung ohne Beteiligung der CDA habe es von Adenauer bis Merkel nie gegeben.

Chef des neugeschaffenen Ministeriums für Digitalisierung und Staatsmodernisierung wird Karsten Wildberger, der Vorstandschef von Ceconomy, zu dem die Elektronikketten Mediamarkt und Saturn gehören. Sie erzielten im vergangenen Geschäftsjahr in über tausend Märkten mit 50.000 Beschäftigten einen Umsatz von 22,4 Milliarden Euro. Wildberger hat den kriselnden Konzern saniert, indem er unter anderem in der Verwaltung 130 Millionen Euro einsparte.

Wildberger ist nicht Mitglied der CDU, arbeitet aber seit einigen Jahren im CDU-Wirtschaftsrat. Er blickt auf eine lange Karriere in Vorständen verschiedener Beratungs-, Energie- und Telekommunikationsunternehmen zurück, darunter Boston Consulting, Vodafone, T-Mobile und die australische Telstra. Einen großen Teil seiner Kariere machte er im Ausland.

Wirtschaftsministerin wird Katherina Reiche, seit 2020 Chefin der E.ON-Tochter Westenergie AG. Im Unterschied zu Wildberger blickt Reiche auf eine politische Karriere zurück. Sie war Bundestagsabgeordnete und Staatssekretärin, bevor sie in die Privatwirtschaft wechselte.

Alexander Dobrindt (CSU): Innenminister auf AfD-Kurs

Das Innenministerium wird zukünftig vom CSU-Politiker Alexander Dobrindt geführt. Mit 2.100 Ministeriumsmitarbeitern und 85.000 Beschäftigten in nachgeordneten Behörden, davon etwa 50.000 bei der Bundespolizei, steht es im Mittelpunkt der Staatsaufrüstung und der Angriffe auf Migranten, die im Koalitionsvertrag vereinbart wurden.

Bereits die bisherige Ministerin Nancy Faeser (SPD) spielte eine Schlüsselrolle dabei, die europäischen und deutschen Grenzen abzuschotten und zehntausende Flüchtlinge unmenschlichen Bedingungen oder dem Tod auszuliefern. Der staatliche Überwachungs- und Repressionsapparat wurde unter ihrer Regie massiv ausgebaut. Dobrindt bietet nun die Garantie dafür, dass diese Politik fortgesetzt und verschärft wird.

Seit 39 Jahren Mitglied der Jungen Union und der CSU, zieht Dobrindt eine Spur der Günstlingswirtschaft, der Korruption und rechter Demagogie hinter sich her. Als Verkehrsminister (2013-2017) unter Angela Merkel half er, den VW-Diesel-Skandal zu vertuschen, und machte sich für die Einführung einer Pkw-Maut für Ausländer stark, mit der die CSU chauvinistische Stimmungen schürte. Eingeführt von seinem Nachfolger Andreas Scheuer, wurde die „Ausländermaut“ schließlich vom Europäischen Gerichtshof für rechtswidrig erklärt, was die Staatskasse Entschädigungszahlungen von 243 Millionen Euro kostete.

Dobrindt hat die Grünen als „Chaoten- und Steinewerfer-Partei“ denunziert und ein Verbot der Linkspartei gefordert. 2018 machte er sich in der Welt für eine „konservative Revolution“ stark, ein Begriff, der auf die äußerste Rechte in der Weimarer Republik zurückgeht, die Hitler den Weg zur Macht ebnete. Er propagierte, ganz im Stil der AfD, die „Verteidigung unserer christlich-abendländischen Leitkultur“, bezeichnete „Heimat und Vaterland“ als „Wurzeln unserer Identität“, pries das „Nationalgefühl“ als „Geschenk für unser Land“ und forderte die Abgrenzung „unserer Wertegemeinschaft“ von „anderen Weltanschauungen“.

Im vergangenen Sommer trat Dobrindt dafür ein, Kriegsflüchtlinge in die Ukraine zurückzuschicken. Und nach Trumps Machtübernahme im Januar pries er dessen Regieren per Dekret als Vorbild, das zeige, dass auch in Deutschland schnelle Veränderungen möglich seien, wenn die verantwortlichen Politiker dafür bereit seien.

Mit Johann Wadepuhl wird zum ersten Mal seit 59 Jahren wieder ein CDU-Mitglied deutscher Außenminister. Seit 1966 hatten stets die SPD, die FDP oder die Grünen das Außenressort geführt. Wadepuhl, der 1982 der CDU beitrat, gilt als treuer Gefolgsmann von Merz und soll sicherstellen, dass die Regierung im Krieg gegen Russland und bei der Unterstützung des Genozids in Gaza an einem Strang zieht.

Im Unterschied zu seiner Vorgängerin Annalena Baerbock (Grüne) verzichtet Wadepuhl auf Menschenrechtsrhetorik und spricht die imperialistischen Ziele der deutschen Außenpolitik offen aus. Dem noch amtierenden Kanzler Olaf Scholz wirft er vor, den russischen Präsidenten Wladimir Putin durch das öffentliche Nennen „roter Linien“ – wie die Nicht-Lieferung von Taurus-Raketen – zu stärken. Es müssten „alle Optionen auf dem Tisch liegen“, Russland dürfe „nicht vorab informiert werden, was Deutschland wann tut oder auch nicht“, sagte er dem Tagesspiegel. „Wir dürfen keine Sekunde mehr zögern. Alles Zaudern der vergangenen Jahre, jedes Zurückhalten von Material, hat am Ende Putin nur ermutigt.“

Bildungsministerin Karin Prien, die dieses Amt seit 2017 in Schleswig-Holstein ausgeübt hat, ist durch ihre Angriffe auf Schüler, die während der Corona-Pandemie gegen die Durchseuchungspolitik protestierten, bundesweit bekannt geworden. Sie ist seit 1981 Mitglied der CDU.

Im Februar 2022 rief sie einen bundesweiten Sturm der Empörung hervor, als sie den Tod von Covid-infizierten Kindern auf Twitter mit den Worten kommentierte: „Bitte differenzieren: Kinder sterben. Das ist extrem tragisch. Aber sie sterben mit COVID_19 und nur extrem selten wegen COVID_19.“

Wolfram Weimer: Ein Ultrarechter zuständig für Kultur

Am deutlichsten zeigt sich der Charakter der zukünftigen Regierung an der Ernennung Wolfram Weimers zum Verantwortlichen für Kultur. Weimer bekleidet zwar kein Ministeramt, sondern nur das Amt eines Staatssekretärs. Doch da viele staatliche Fördergelder über seinen Schreibtisch laufen und der Kulturstaatsminister auch in der Öffentlichkeit eine prominente Rolle spielt, übt er starken Einfluss aus.

Bereits Weimers Vorgängerin, die Grüne Claudia Roth, hat die Kulturpolitik weit nach rechts verschoben. Die ehemalige Managerin der Politrockband „Ton Steine Scherben“ hat die Rechtsentwicklung der einstigen Umweltpartei beispielhaft mit vollzogen. Sie denunzierte die international bedeutendste Ausstellung zeitgenössischer Kunst, die Kasseler Documenta, als „antisemitisch“ und drohte mit Streichung der Fördergelder. Auch den Rockmusiker Roger Walters und die Berlinale griff sie an, weil sie die Palästinenser gegen den israelischen Genozid verteidigten.

Mit Weimer übernimmt nun ein offen rechter Ideologe die Verantwortung für die Kulturpolitik. Der 60-jährige Publizist war bisher vor allem für konservative und rechte Medien tätig. Durch kulturelle Kenntnisse und Interessen zeichnete er sich nicht aus.

In den 1990er Jahren arbeitete er als Wirtschaftsredakteur und Auslandskorrespondent für die F.A.Z., dann wechselte er zu Springer und wurde Chefredakteur der Welt und der Berliner Morgenpost. 2002 entwickelte er für den Schweizer Ringier-Verlag das rechtslastige Magazin Cicero, das er bis 2010 führte. Dann leitete er kurz das Focus-Magazin, um schließlich einen eigenen, rechtskonservativen Verlag zu gründen.

Inzwischen steht er so weit rechts, dass ihn selbst F.A.Z.-Herausgeber Jürgen Kaube als „den falschen Mann am falschen Platz, um es gelinde zu sagen“, bezeichnet. Dabei steht Kaube selbst weit rechts. So hat er den rechtsextremen Historiker Jörg Baberowski („Hitler war nicht grausam“) in der F.A.Z. gegen die Kritik der Sozialistischen Gleichheitspartei verteidigt.

Kaube bezieht sich auf ein „Konservatives Manifest“, das Weimer 2018 veröffentlichte. Darin beklage er sich, so Kaube, „über die ‚amoralische Renaissance‘ – er meint die Epoche von Sandro Botticelli, Albrecht Dürer, Tizian und Shakespeare“, mache sich „demographische Sorgen um die ‚Fortdauer des eigenen Bluts‘ und die ‚biologische Selbstaufgabe‘ Europas“, und trauere „der Kolonialepoche mit der bedauernden Formulierung nach, Europa habe ‚keine Expansionskraft‘ mehr“.

Weimer zählt in seinem „Konservativen Manifest“ „zehn Gebote der neuen Bürgerlichlichkeit“ auf, darunter „Heimat leben“, „Nation ehren“, „Tradition hegen“, „Recht und Ordnung respektieren“ und „Gott achten“. Mit anderen Worten, er ist ein bigotter, völkischer Rechter.

Die SPD, die schon in den letzten Jahrzehnten die schlimmsten Sozialkürzungen und die Eskalation des Militarismus zu verantworten hat, unterstützt jetzt auch diese rechte Regierung. Nichts verbindet die einstige Arbeiterpartei mehr mit den Interessen der breiten Bevölkerung. Während CDU und CSU die Verantwortung für die innere Aufrüstung, eine aggressive Außenpolitik und den kulturellen Rechtsruck übernehmen, kümmert sich die SPD um Aufrüstung und Sozialabbau.

Es gilt als ziemlich sicher, dass Verteidigungsminister Boris Pistorius als einziger sein Amt behalten und sich weiter um die Aufrüstung kümmern wird. Laut dem jüngsten Bericht des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri sind die deutschen Militärausgaben allein im letzten Jahr um 28 Prozent auf 88,5 Milliarden US-Dollar (77,6 Milliarden Euro) gestiegen. Damit legt Deutschland bei den Militärausgaben hinter den USA, China und Russland weltweit an vierter Stelle.

SPD-Chef Lars Klingbeil wird aller Voraussicht nach das Finanzministerium übernehmen. Er wird die Aufgabe haben, die explodierenden Rüstungsausgaben und die Folgen des internationalen Handelskriegs durch Kürzung der Ausgaben für Renten, Soziales und Gesundheit wieder einzutreiben.

Auch Klingbeil ist ein Militarist. Der Sohn eines Berufssoldaten ist im Heeresstandort Munster im Schatten von Kasernen, Panzern und Kampflugzeugen aufgewachsen und bekennt sich heute, nach einer jugendlichen Protestphase, wieder voll zur Aufrüstung der Bundeswehr.

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