Vor genau einem Jahr, am 25. April 2024, wurde unser Genosse Bogdan Syrotjuk, damals 25 Jahre alt, vom ukrainischen Geheimdienst (SBU) verhaftet. Bogdan ist ein sozialistischer Gegner des Krieges in der Ukraine und ein führendes Mitglied unserer Organisation, der Jungen Garde der Bolschewiki-Leninisten (YGBL), die ihre Solidarität mit der trotzkistischen Weltbewegung, dem Internationalen Komitee der Vierten Internationale (IKVI) und der World Socialist Web Site, erklärt hat.
Bogdan wurde wegen „Hochverrats unter Kriegsrecht“ angeklagt. Er wird in einem überfüllten Gefängnis unter schlechten hygienischen Bedingungen in Nikolajew festgehalten und teilt sein Schicksal mit inhaftierten Fabrikarbeitern und Jugendlichen. Im Falle einer Verurteilung droht ihm eine Strafe zwischen fünfzehn Jahren und lebenslänglich. Im Mittelpunkt der Anklageschrift und des Prozesses steht die Behauptung des SBU, dass Bogdan „an der Vorbereitung von Veröffentlichungen im Auftrag von Vertretern der russischen Propaganda- und Informationsagentur World Socialist Web Site beteiligt war.“ Die wichtigsten „Beweise“ für die Anschuldigungen sind von ihm verfasste Artikel, die von der WSWS veröffentlicht wurden.
In Wirklichkeit wird diese Behauptung des SBU durch die gut dokumentierten Ansichten von Bogdan und des IKVI direkt widerlegt. Das IKVI und die YGBL haben den Einmarsch in die Ukraine von Anfang an als reaktionäre Antwort der russischen Oligarchie auf die imperialistische Einkreisung Russlands abgelehnt, die nur den Interessen der imperialistischen Mächte dienen und die Arbeiterklasse spalten würde.
Bogdan hat sich stets für ein Ende des Krieges durch die Vereinigung der ukrainischen, russischen und weltweiten Arbeiterklasse auf der Grundlage einer sozialistischen Perspektive ausgesprochen. Er hat sowohl das Selenskyj-Regime als auch das Putin-Regime konsequent bekämpft, die er beide als reaktionäres Ergebnis der Wiederherstellung des Kapitalismus in der Sowjetunion durch die stalinistische Bürokratie bezeichnet hat.
Folgendes wollte Bogdan als Vertreter der YGBL in der Ukraine auf der letztjährigen Online May Day Rally des IKVI zum Maifeiertag sagen:
An diesem Tag der internationalen Solidarität der Arbeiterklasse rufen wir, die Mitglieder der ukrainischen Gruppe der Jungen Garde der Bolschewiki-Leninisten und die gesamte YGBL, zur Vereinigung des ukrainischen und russischen Proletariats mit dem Proletariat der imperialistischen Länder auf, um diesen Krieg zu beenden!
Wir rufen zur Gründung von Sektionen des Internationalen Komitees der Vierten Internationale in allen ehemaligen Sowjetrepubliken auf.
Wir rufen das Proletariat der ganzen Welt auf, sich unter dem Banner seiner Führung, des Internationalen Komitees der Vierten Internationale, zu vereinigen.
Lasst die Worte von Karl Marx und Friedrich Engels lauter und stärker erklingen: „Arbeiter aller Länder, vereinigt euch!“
Er schrieb diese Worte nur wenige Tage vor seiner Verhaftung und war nicht in der Lage, sie vorzutragen. Diese Worte allein sind mehr als genug, um den Inhalt seiner „Verbrechen“ zu verdeutlichen.
Tatsächlich wurde Bogdan verhaftet, weil er seine sozialistischen Ansichten gegen den Krieg zum Ausdruck brachte, weil er die Verbrechen der ukrainischen Faschisten aufdeckte und vor allem, weil er für den Wiederaufbau der trotzkistischen Bewegung in der ehemaligen Sowjetunion kämpfte.
Die YGBL wurde 2018 als eine Organisation gegründet, die versucht, die Wahrheit über den Kampf Trotzkis und der Linken Opposition gegen den nationalistischen Verrat der Oktoberrevolution durch den Stalinismus aufzudecken. Die YGBL entstand unter Bedingungen, die der sowjetische Historiker Wadim Rogowin treffend als verbrannte Erde für den Trotzkismus beschreibt. Während des Großen Terrors in den 1930er Jahren wurden praktisch alle Trotzkisten und andere Revolutionäre von der stalinistischen Bürokratie physisch vernichtet. In den Jahrzehnten danach wurden jegliche Informationen über Trotzki und den Kampf der Linken Opposition gegen den Stalinismus verfälscht oder verschwiegen.
In unserer weiteren Entwicklung kamen wir zu dem Schluss, dass es notwendig war, sich dem bewussten Kampf der internationalen Arbeiterklasse anzuschließen. Diese Erkenntnis kam in unserer Entscheidung zum Ausdruck, dem Internationalen Komitee der Vierten Internationale als der einzigen Kraft beizutreten, die in der Lage ist, die Arbeiterklasse zu führen. Heute kämpft die YGBL gemeinsam mit dem IKVI darum, das Erbe des Stalinismus zu überwinden und die internationalistischen Traditionen Lenins und Trotzkis in der Arbeiterklasse der ehemaligen Sowjetunion wiederzubeleben.
Bogdans Verfolgung entlarvt die imperialistische Propaganda, der von der Nato gegen Russland geführte Krieg in der Ukraine sei ein Krieg für die Demokratie gegen Putins Diktatur. Die Verfolgung dieses sozialistischen Jugendlichen stützt sich auf diktatorische Gesetze, die es der ukrainischen Regierung erlauben, Bürger allein auf Grund von Äußerungen zu verfolgen, sobald sie als „Landesverräter“ verdächtigt werden. Um solche Straftaten zu „beweisen“, werden spezielle „Experten“ in Linguistik hinzugezogen, die den „kriminellen“ Inhalt von Aussagen beweisen sollen. Im Grunde handelt es sich um die Verfolgung von Menschen wegen „Gedankenverbrechen“, ein Verfahren, das früher vor allem mit Nazi-Deutschland in Verbindung gebracht wurde. Zehntausende von Jugendlichen und Arbeitern sind auf dieser Grundlage verhaftet worden.
Seit Beginn des Krieges sind Hunderttausende von ukrainischen Jugendlichen und Arbeitern an der Front gestorben; viele weitere wurden dauerhaft verletzt oder verkrüppelt. Ihr Leben wurde brutal verschleudert, nicht für „Freiheit“ und „Demokratie“, sondern für die räuberischen Interessen der imperialistischen Mächte und der räuberischen Oligarchie.
Bogdan wurde in einer Zeit wachsender Kriegsgegnerschaft und einer tiefen sozialen Krise in der Ukraine verhaftet. Die ukrainische Oligarchie, die aus dem Verrat der Stalinisten an der Oktoberrevolution hervorgegangen ist, ist ebenso wie ihr russisches Pendant äußerst empfindlich gegenüber der Bedrohung ihrer Herrschaft durch die trotzkistische Bewegung. Aus Angst, dass Bogdans Ansichten inmitten einer Bewegung von Arbeitern und Jugendlichen gegen den Krieg mehr Gehör finden könnten, veranlasste sie seine Verhaftung.
Die Verhaftung von Bogdan ist nicht nur ein Angriff auf Bogdan und die YGBL, sie ist ein Angriff auf die gesamte Arbeiterklasse und das IKVI im Besonderen. Der Staat baut seinen Fall mit dem Ziel auf, den Trotzkismus zu kriminalisieren. Die WSWS, die Online-Publikation des IKVI, wurde einen Monat nach Bogdans Verhaftung in der Ukraine verboten, um Arbeitern den Zugang zur Enthüllung von Bogdans Prozess und zu den tatsächlichen Informationen über seine Ansichten zu verwehren.
Es besteht kein Zweifel daran, dass die Verhaftung Bogdans nicht nur von Kiew, sondern auch von den imperialistischen Unterstützern des Selenskyj-Regimes in Berlin, London und Washington inszeniert wurde. Es sei daran erinnert, dass das IKVI seit einigen Jahren von den Regierungen angegriffen wird. Im Jahr 2018 wurde die Sozialistische Gleichheitspartei (SGP) in Deutschland in die Liste der „linksextremistischen Organisationen“ aufgenommen. Und letztes Jahr wurde die IYSSE in Deutschland, die Jugendorganisation der SGP, auf die Liste der „verfassungsfeindlichen Organisationen“ gesetzt.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Doch solche Angriffe haben uns nicht eingeschüchtert und werden es niemals tun. Das Internationale Komitee reagierte auf Bogdans Verhaftung mit einer weltweiten Kampagne, forderte seine sofortige Freilassung und machte die trotzkistischen Prinzipien bekannt, für die er steht. In den ersten Tagen nach Bogdans Festnahme wurde eine Petition für seine Freilassung ins Leben gerufen, die mehr als 4.700 Unterschriften erhielt. Auf einer Sonderseite der WSWS sind Informationen über Bogdan und die Kampagne zu finden.
Am 13. Juni 2024 hielt das IKVI Mahnwachen vor ukrainischen Botschaften in aller Welt ab und verlas einen Brief von David North, dem Vorsitzenden der internationalen WSWS-Redaktion, an die ukrainische Regierung, in dem er die Freilassung von Bogdan Syrotjuk forderte. Bogdans Freilassung war eines der zentralen Themen der Wahlkampagnen der Socialist Equality Parties im Vereinigten Königreich, Sri Lanka, den USA und Deutschland.
Die Kampagne wurde von zahlreichen Organisationen, Intellektuellen und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens unterstützt, darunter auch der Mitbegründer von Pink Floyd, Roger Waters. Infolgedessen sind die Staatsanwälte unter öffentlichen Druck geraten und versuchen vor Gericht, ihre Anschuldigungen gegen Bogdan zu stützen.
Doch dieser Kampf ist noch lange nicht vorbei. Nach einem Jahr ist der Kampf für die Befreiung Bogdans dringender denn je. Auf dem Spiel steht nicht nur Bogdans Freiheit, sondern auch die politische Mobilisierung der internationalen Arbeiterklasse gegen die eskalierende Gefahr von Weltkrieg, Faschismus und Diktatur. Wie auch immer die aktuellen Verhandlungen der USA mit der Ukraine und Russland ausgehen werden, der Weg führt zu einer weiteren imperialistischen Neuaufteilung der Welt. Doch wie die Erfahrung des Krieges in der Ukraine zeigt, können der imperialistische Krieg und das damit verbundene Massensterben der Arbeiterklasse nicht aufgezwungen werden, ohne dass die Antikriegsopposition brutal niedergeschlagen und die faschistischen Kräfte gestärkt werden.
Seit Trumps Amtsantritt hat seine Regierung das Gesetz wiederbelebt, mit dem die Abschiebung „illegaler Einwanderer“ gerechtfertigt wird. Sie hat bereits mehr als 100.000 Menschen abgeschoben und außerdem die Visa von mehr als 1.600 ausländischen Studenten widerrufen, von denen mehr als 1.000 wegen ihrer politischen Äußerungen gegen den israelischen Völkermord in Gaza ins Visier genommen wurden. Wie Bogdan werden sie faktisch wegen ihrer Ablehnung von Krieg und Faschismus, einem „Gedankenverbrechen“, verfolgt.
Wir appellieren daher an die Arbeiter und Jugendlichen in Russland, der Ukraine, den USA und auf der ganzen Welt, sich der Kampagne für Bogdans Freilassung anzuschließen, als zentralem Teil des bewussten Kampfes gegen Faschismus, Diktatur, Krieg und Kapitalismus.
- Unterzeichnet die Petition, die Bogdans Freilassung fordert, und teilt sie mit Euren Freunden und Bekannten!
- Nein zu Faschismus und Krieg! Kämpft für die Vereinigung der ukrainischen, russischen und internationalen Arbeiterklasse durch den Aufbau der trotzkistischen Bewegung!
- Nehmt an der Online-Kundgebung zum 1. Mai am 3. Mai 2025 teil!
- Werdet Mitglied des IKVI!
- Freiheit für Bogdan Syrotjuk!
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