Israels Sicherheitsminister kündigt Bombardierung der Lebensmittellager an – Gazastreifen seit 50 Tagen blockiert

Itamar Ben-Gvir, rechtsextremer israelischer Abgeordneter und Vorsitzender der Partei Jüdische Stärke, nach den ersten Endergebnissen der israelischen Parlamentswahl, Jerusalem, 2. November 2022 [AP Photo/Oren Ziv]

Am 22. April nahm der israelische Minister für nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, an einem Treffen mit führenden US–Kongressmitgliedern in Donald Trumps Mar-a-Lago Resort in Palm Beach (Florida) teil. Dort kündigte er an, Lebensmittel- und Hilfsgüterdepots im Gazastreifen zu bombardieren, und behauptete anschließend, die anwesenden Abgeordneten hätten seine Vorschläge gebilligt.

„Ich hatte die Ehre und das Privileg, mich mit hochrangigen Vertretern der Republikanischen Partei in Trumps Anwesen Mar-a-Lago zu treffen“, schrieb Ben-Gvir in einem Beitrag auf X. „Sie bekundeten ihre Unterstützung für meine sehr klare Position, wie in Gaza vorzugehen sei, und dass die Lebensmittel- und Hilfsdepots bombardiert werden sollten, um militärischen und politischen Druck auszuüben, damit unsere Geiseln sicher nach Hause gebracht werden können.“

Ben-Gvir brachte damit die tatsächliche Politik der israelischen Regierung zum Ausdruck, die darauf abzielt, die palästinensische Bevölkerung in Gaza durch gezieltes Aushungern ethnisch zu säubern.

Am selben Dienstag dauerte die vollständige Blockade durch Israel bereits den fünfzigsten Tag in Folge an, bei der jede Lieferung von Lebensmitteln, Wasser, Strom und medizinischer Versorgung in den Gazastreifen unterbunden wird.

Wie das UN-Büro für die Koordinierung von Hilfeleistungen in einer Erklärung bestätigt hat, ist dies die längste Zeit ohne jegliche Lieferungen in den Gazastreifen seit Beginn der israelischen Offensive im Oktober 2023.

„Dies ist wohl die schlimmste humanitäre Lage, die jemals während des Krieges im Gaza vorgeherrscht hat“, sagte UN-Sprecher Jens Laerke am Dienstag. Er wies darauf hin, dass die gesamte Bevölkerung des Gazastreifens unter akutem Mangel an Lebensmitteln, Medikamenten, Treibstoff und sauberem Wasser leidet.

„Der Hunger breitet sich aus und verschärft sich – absichtlich und von Menschen verursacht“, sagte UNRWA-Generalkommissar Philippe Lazzarini in einer Erklärung am Dienstag. „Gaza ist zu einem Land der Verzweiflung geworden (...) humanitäre Hilfe wird als Verhandlungsmasse und Kriegswaffe eingesetzt.“

Die Bäckereien in Gaza mussten schließen, und aufgrund des Mangels an medizinischer Versorgung bricht das gesamte Gesundheitssystem zusammen. „Zwei Millionen Menschen – überwiegend Frauen und Kinder – werden kollektiv bestraft“, sagte Lazzarini.

Letzte Woche veröffentlichte der Euro-Med Human Rights Monitor einen vernichtenden Bericht über den Gazastreifen, der am Rande einer Hungersnot steht:

Das Feldteam von Euro-Med Monitor im Gazastreifen hat alarmierende Anzeichen für eine schwere Nahrungsmittelkrise beobachtet, die bald das Ausmaß einer Hungersnot erreichen könnte. Die anhaltende Blockade durch Israel hat zu einer schweren und anhaltenden Verknappung lebenswichtiger Nahrungsmittel wie Getreide, Proteine und Fette geführt. Ein Großteil der verbliebenen Infrastruktur für Landwirtschaft und Ernährung der Enklave wurde entweder bombardiert oder auf andere Weise zerstört und/oder steht derzeit unter israelischer Militärkontrolle. Infolgedessen sind die Menschen gezwungen, ihre grundlegendsten Habseligkeiten zu verkaufen, um sich überhaupt noch ernähren zu können. Das signalisiert den Beginn eines Zusammenbruchs ihrer Fähigkeit, den Hunger zu ertragen.

Ganze Familien sind im Gazastreifen gezwungen, die Anzahl ihrer täglichen Mahlzeiten zu reduzieren, was zwangsläufig bei den Bewohnern zu einem erheblichen Gewichtsverlust führt. Da frische und nahrhafte Lebensmittel fast vollständig fehlen, sind die meisten Menschen heute fast ausschließlich auf die begrenzten Vorräte an Konserven in der Enklave angewiesen, während viele andere für eine tägliche Mahlzeit vollständig von den Lebensmitteltafeln abhängig sind. Diese Tafeln sind jedoch in den letzten Wochen verstärkt vom israelischen Militär angegriffen worden, wodurch die Bewohner noch stärker von der Versorgung mit den grundlegendsten Lebensmitteln abgeschnitten werden.

In einer Erklärung vom 17. April warnten mehrere humanitäre Organisationen, darunter Oxfam und Save the Children: „Das humanitäre Hilfssystem in Gaza steht vor dem völligen Zusammenbruch.“

In der Erklärung heißt es: „Dies ist eine der schlimmsten humanitären Katastrophen unserer Generation. Jeder einzelne Mensch im Gazastreifen ist zum Überleben auf humanitäre Hilfe angewiesen. Seitdem die israelischen Behörden am 2. März eine Blockade aller Hilfslieferungen verhängt haben, ist diese Lebensader vollständig abgeschnitten.“

Außerdem heißt es dort: „Seit Oktober 2023 wurden in Gaza mehr als 400 Helfer und über 1.300 Mitarbeiter des Gesundheitswesens getötet, obwohl humanitäre Helfer nach dem humanitären Völkerrecht geschützt werden müssen.“

Ben-Gvirs Äußerungen machen nun deutlich, dass die Angriffe des israelischen Militärs auf humanitäre Organisationen einer bewussten Politik entspringen, die darauf abzielt, in der gesamten Region eine Hungersnot hervorzurufen.

Ben-Gvirs Besuch in Mar-A-Lago ist Teil einer Tour durch die Vereinigten Staaten, in deren Verlauf er am Mittwoch auch die Yale University in New Haven (Connecticut) besuchte. Wie Ben-Gvirs Büro mitteilte, war unter den anwesenden Kongressabgeordneten auch der Republikaner Tom Emmer, der dritthöchste Vertreter des US-Repräsentantenhauses.

Am Mittwoch, 23. April, hat der israelische Verteidigungsminister Israel Katz die Position der Netanjahu–Regierung bestätigt, dass „keinerlei humanitäre Hilfe nach Gaza gelangen wird“.

Ben-Gvirs Besuch folgt auf eine Reise des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu in die USA vor zwei Wochen. Netanjahu hatte während eines Besuchs bei US-Präsident Donald Trump im Weißen Haus über den aktuellen Stand der amerikanisch-israelischen Kampagne zur Auslöschung und Vertreibung der Palästinenser berichtet und wörtlich erklärt: „Wir arbeiten daran.“

Dieser Plan wird durch folgende Maßnahmen in die Tat umgesetzt: das vorsätzliche Aushungern der palästinensischen Bevölkerung, tägliche Bombardierungen und Massenmorde an der Zivilbevölkerung, die aktive Vorbereitung auf eine vollständige, dauerhafte militärische Besetzung sowie den Aufbau der Infrastruktur zur gewaltsamen Vertreibung und Umsiedlung der Palästinenser aus dem Gazastreifen.

Im vergangenen Monat berichteten NPR, die Financial Times und Haaretz, dass das israelische Militär einen Plan ausgearbeitet habe, um den Gazastreifen vollständig zu besetzen, die verbleibende Bevölkerung intern zu vertreiben und nur „die zum Überleben notwendige Mindestkalorienmenge“ bereitzustellen (wie es Haaretz formulierte).

Vor einem Monat hat das israelische Sicherheitskabinett offiziell beschlossen, ein Büro einzurichten, das die ethnische Säuberung des Gazastreifens überwachen soll.

Verteidigungsminister Katz erklärte, welche Aufgaben dieses Büro habe: „Die Ausreise in Drittländer, einschließlich der Sicherung ihrer Überführung, der Festlegung von Bewegungsrouten, der Kontrolle von Fußgängern an bestimmten Übergängen im Gazastreifen sowie der Koordinierung von Bereitstellung der Infrastruktur, die die Durchreise auf dem Land-, See- und Luftweg in die Zielländer ermöglicht.“

Im Jahr 2007 wurde Ben-Gvir von einem israelischen Gericht wegen rassistischer Aufwiegelung und Unterstützung von Gruppen, die auf der Schwarzen Liste des Terrorismus stehen, verurteilt. Aber im Jahr 2023 hat die israelische Regierung seine Politik der ethnischen Säuberung und der Massenmorde übernommen und verwirklicht sie in ihrem genozidalen Angriff auf Gaza, für welchen der Hamas–Angriff vom 7. Oktober 2023 als Vorwand herhalten muss.

Nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza sind bei dem Völkermord bisher mindestens 51.300 Palästinenser getötet worden, davon allein 1.928 seitdem Israel am 18. März ein Waffenstillstandsabkommen einseitig aufgekündigt hat.

Am Mittwoch, den 23. April, sind bei israelischen Luftangriffen erneut 25 Menschen getötet worden, darunter 11 Menschen in einer Schule, die zu einer Notunterkunft umfunktioniert worden war. Am Dienstag davor waren mindestens 17 Menschen, überwiegend Frauen und Kinder, bei Angriffen getötet worden.

Trotz der anhaltenden Hungersnot ist die Berichterstattung über diese alarmierende humanitäre Lage sowohl in den USA als auch in den meisten europäischen Staaten, darunter auch Deutschland, fast vollständig aus den Nachrichten verschwunden. In den USA hat bereits die Regierung der Demokraten unter Präsident Joe Biden den Völkermord in Gaza verantwortlich unterstützt. Und auch unter der Trump–Regierung haben die Demokraten wiederholt gegen jegliche Beschränkung der US-Waffenverkäufe an Israel gestimmt.

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