Perspektive

Oligarchen schwimmen im Geld: Weshalb die Milliardäre enteignet werden müssen

Gäste bei der Amtseinführung Donald Trumps als US-Präsidenten in der Rotunde des US-Kapitols in Washington, 20. Januar 2025. Unter den Gästen: Mark Zuckerberg, Jeff Bezos, Sundar Pichai und Elon Musk [Photo by AP Photo/Julia Demaree Nikhinson, Pool]

Wie das Wall Street Journal am 23. April auf seiner Titelseite berichtete, sind die 19 reichsten Haushalte in Amerika im Jahr 2024 um etwa 1 Billion Dollar reicher geworden. Ihr gemeinsames Vermögen stieg innerhalb eines einzigen Jahres von 1,6 auf 2,6 Billionen Dollar, ein Zuwachs von 62,5 Prozent. Das kleinste Vermögen dieser Gruppe beläuft sich auf 45 Milliarden Dollar.

Die meisten Namen sind bekannt und in erster Linie im Technologiesektor angesiedelt: Elon Musk, Jeff Bezos, Mark Zuckerberg, Larry Ellison (Oracle), Bill Gates und Steve Ballmer (Microsoft), Sergey Brin und Larry Page (Google) sowie Michael Dell. Dazu gesellen sich Warren Buffett, Michael Bloomberg und Steven Schwarzman (Blackstone Private Equity). Neu hinzugekommen sind ein Tech-Mogul, Jensen Huang von Nvidia, sowie drei Waltons, Erben des Wal-Mart-Imperiums, und zwei Mitglieder des ultrarechten Ölkonzern-Clans Koch.

Entwicklung des Vermögens der obersten 0,00001 Prozent im 20. Jahrhundert, in Prozent des Gesamtvermögens in den USA [Photo by Gabriel Zucman]

Die Schätzungen stammen von Professor Gabriel Zucman, einem der führenden Analytiker auf diesem Gebiet. Die hier wiedergegebene Grafik veranschaulicht, wie sich der Vermögensanteil der obersten 0,00001 Prozent der US-Haushalte im 20. Jahrhundert entwickelt hat. Von 1913 bis 1982 ging es zunächst stetig bergab. Nach den Steuersenkungen der Reagan-Regierung setzte ein steiler Aufschwung ein, der 1999, kurz vor dem Dot-Com-Crash, seinen Höhepunkt erreichte. Mit dem Wall-Street-Crash von 2008 ging es zunächst wieder etwas abwärts, doch dann ließ die Zunahme der sozialen Ungleichheit in den Jahren 2023-2024, den letzten beiden Jahren der Regierung Biden, die Vermögen sprunghaft ansteigen.

Das Journal schreibt:

Es dauerte vierzig Jahre, bis der Anteil der obersten 0,00001 % der Amerikaner am Gesamtvermögen der US-Haushalte von 0,1 % im Jahr 1982 – damals handelte es sich um elf Haushalte – auf 1,2 % im Jahr 2023 anstieg … Doch Ende 2024 ist der Anteil der 0,00001 % – mittlerweile 19 Haushalte – am gesamten US-Haushaltsvermögen auf 1,8 % bzw. rund 2,6 Billionen Dollar angewachsen. Dies ist laut Zucman der größte Anstieg, der jemals in einem Jahr verzeichnet wurde.

Für die Regierung Biden, die im zweiten Jahr der Coronapandemie an die Macht kam, hatte die Wiedereröffnung von Schulen und Betrieben oberste Priorität. Ungeachtet der steigenden Zahl an Todesopfern sollten ein stabiles Angebot an Arbeitskräften und günstige Preise für US-Unternehmen gewährleistet werden. Infolge dieser Politik, die von der Gewerkschaftsbürokratie unterstützt wurde, sank der Anteil der Arbeiter am Nationaleinkommen auf einen historischen Tiefstand.

Im Januar, nur wenige Wochen nach Trumps Amtsantritt, entdeckte Biden plötzlich, dass sich in Amerika eine „Oligarchie herausbildet“. Doch Zucmans Zahlen zeigen, dass die Demokraten mit ihrer Politik erstens selbst die Milliardäre begünstigt und zweitens Trump dabei geholfen haben, die Wahl mit falschen Versprechungen über einen wirtschaftlichem Aufschwung und niedrigere Preise zu gewinnen.

Wie die WSWS erklärt hat, stand die zweite Wahl von Trump für eine brachiale Neuausrichtung des Staates am Wesenskern der kapitalistischen Gesellschaft. Trump, selbst Milliardär, steht an der Spitze einer Regierung der Finanzoligarchie. Der reichste Mann der Welt, Elon Musk, überwacht die Entlassung von Bundesbediensteten und die Abschaffung von Sozialleistungen, um 1 Billion Dollar einzusparen.

Vom Standpunkt der Arbeiterklasse wäre es viel sinnvoller, das zusätzliche Vermögen in Höhe von 1 Billion Dollar zu beschlagnahmen, das nur 19 Super-Milliardäre allein im Jahr 2024 hinzugewonnen haben. Grundsätzlich sollte der gesamte Reichtum der Kapitalistenklasse – die Billionensummen, die durch die Arbeit der Arbeiterklasse geschaffen wurden – beschlagnahmt werden, um die Grundlage für eine sozialistische Neuorganisation des Wirtschaftslebens unter einer Arbeiterregierung zu schaffen.

Allein aus den Mitteln des Vermögenszuwachses der Milliardäre könnte eine Arbeiterregierung in den Vereinigten Staaten Armut, Hunger und Obdachlosigkeit beseitigen. Sie könnte jedem abhängig Beschäftigten eine Lohnerhöhung von 7.000 Dollar gewähren. Das Budget für die öffentlichen Schulen könnte mehr als verdoppelt werden.

Es gibt allerdings einen noch wichtigeren Grund für die Enteignung nicht nur der 19 Spitzenhaushalte, sondern aller Milliardäre, deren Zahl sich in den Vereinigten Staaten auf nahezu 2.000 beläuft. Ihr Reichtum ist nicht nur eine Vergeudung gesellschaftlich produzierter Ressourcen, die weitaus sinnvoller verwendet werden könnten, sondern verleiht der Finanzoligarchie auch eine enorme soziale Macht. Diese winzige parasitäre Schicht beherrscht jeden Aspekt der amerikanischen Gesellschaft: Wirtschaft, Politik und Medien.

Das kapitalistische System bestimmt den Lebensstandard der Arbeiterklasse, die die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung ausmacht. Die Unternehmenselite entscheidet über Arbeitsplätze, Löhne und Arbeitsbedingungen und übt de facto eine Diktatur aus, die vor Ort durch ihre bezahlte Polizei in den Gewerkschaftsbürokratien durchgesetzt wird.

Die Milliardäre kontrollieren auch die führenden Bildungseinrichtungen. Wie aus Berichten der New York Times hervorgeht, üben große Geldgeber der Harvard University Druck auf die Universitätsleitung aus, um sie zu einem „Kompromiss“ mit den Forderungen der Trump-Regierung zu bewegen, die Hochschule von unliebsamen Lehrkräften, Studierenden und Lehrinhalten zu säubern.

Die Milliardäre nennen auch die großen Zeitungen, Fernsehsender und Filmstudios ihr eigen. Und sie versuchen zunehmend, sowohl die Nachrichten als auch die sozialen Medien zu zensieren. Der Milliardär Rupert Murdoch hat die faschistische Umgestaltung der Republikanischen Partei angeführt, Jeff Bezos von Amazon hat die Washington Post umgemodelt, und die Milliardärin Shari Redstone hat gerade den Produzenten von 60 Minutes aus dem Unternehmen gedrängt, um den Verkauf von Paramount/CBS an den Sohn von Larry Ellison, einen der wichtigsten Unterstützer Trumps, zu ermöglichen.

Die Milliardäre kaufen und verkaufen Politiker sowohl der Demokratischen als auch der Republikanischen Partei und sichern sich damit ein unangefochtenes Monopol in der offiziellen Politik. Wenn es um die Interessen der Finanzaristokratie geht, sind Kongressabgeordnete, Senatoren und Präsidenten sofort zur Stelle. Um die Finanzmärkte zu beruhigen, gab der Vorsitzende der Demokraten im Senat, Charles Schumer, seinen Widerstand gegen das Haushaltsgesetz der Trump-Regierung unvermittelt auf und sorgte dafür, dass es im Kongress die notwendige Mehrheit erhielt. Und Trump nahm seine Drohungen gegen den Vorsitzenden der US-Nationalbank, Jerome Powell, wieder zurück, als die Wall Street signalisierte, dass die Entlassung des obersten Notenbankers einen Börsencrash auslösen könnte.

Vor dem Hintergrund dieser Realitäten hat die World Socialist Web Site die betrügerische „Fighting Oligarchy Tour“ entlarvt, die von Senator Bernie Sanders und der Abgeordneten Alexandria Ocasio-Cortez betrieben wird. Die große Beteiligung an ihren Kundgebungen sowie an den Protesten gegen die Trump-Regierung am 5. und 19. April sind Ausdruck der sozialen Wut von Millionen, die sich zur Wehr setzen wollen. Aber niemals prangern Sanders und Ocasio-Cortez den Kapitalismus als System an oder rufen zum Kampf gegen ihn auf. Sie unterstützten und bejubelten die Biden-Administration, als diese die größte Umverteilung von Reichtum in die Taschen der Finanzaristokratie organisierte.

Sie wettern zwar gegen die Oligarchie, stellen aber keinerlei Forderungen auf, die den unrechtmäßig erworbenen Reichtum der Milliardäre infrage stellen würden. Sie tun so, als könne die Gesellschaft ohne eine drastische Umverteilung, d. h. ohne die Enteignung der Milliardäre, verändert werden.

In den letzten Wochen hat die WSWS mehrere grundlegende Artikel über die Amerikanische Revolution und den Amerikanischen Bürgerkrieg veröffentlicht. Deren Jahrestage haben eine grundsätzliche Bedeutung, denn die Arbeiter in den Vereinigten Staaten müssen die Lehren aus der Geschichte ziehen. In der ersten amerikanischen Revolution von 1775-1783 wurde proklamiert, dass alle Menschen von Natur aus gleich sind. Der Bürgerkrieg, die zweite amerikanische Revolution, folgte diesem Prinzip, indem er der Sklaverei ein Ende setzte. Den Sklavenhaltern wurde ihr Eigentum genommen, d.h. sie wurden auf revolutionärem Wege enteignet.

Es gibt keine Lösung für die großen sozialen Probleme ohne die Enteignung der Milliardäre.

Sanders und Ocasio-Cortez wissen, dass die von ihnen vorgeschlagenen Mikro-Reformen, z. B. bestimmte Offenlegungspflichten oder eine minimale Anhebung des Spitzensteuersatzes, angesichts des Widerstands der Milliardäre nicht durchsetzbar sind und ohnehin keine nennenswerte Wirkung hätten. Ihre Vorschläge dienen nur dazu, die wachsende Wut und Militanz der Arbeiterklasse im Rahmen der Demokratischen Partei gefangen zu halten.

Die Socialist Equality Party ruft zum Bruch mit den Parteien der kapitalistischen Oligarchie auf, die beide die Vorherrschaft der herrschenden Klasse über die Gesellschaft absichern.

Arbeiter müssen sich aus der Zwangsjacke der Gewerkschaften befreien, die alle ihre Kämpfe voneinander isolieren und den Verträgen und Gesetzen unterordnen, die von den Bossen verfasst wurden. Nicht weniger Verachtung verdienen die von den Pseudolinken und der Demokratischen Partei betriebenen Versuche, Spaltungen nach Herkunft, Geschlecht oder sexueller Orientierung zu säen. Vor allem aber muss die Arbeiterklasse den Nationalismus ablehnen, der die amerikanischen Arbeiter von ihren Klassengenossen in Kanada, Mexiko, China, Europa und der ganzen Welt trennt. Gerade jetzt muss das Recht von Einwanderern verteidigt werden, in allen Ländern frei und ohne Einschränkungen zu leben und zu arbeiten.

Um den Klassenkampf zur Verteidigung von Arbeitsplätzen, Löhnen und demokratischen Rechten voranzubringen und einen drohenden imperialistischen Weltkrieg zu verhindern, ruft die trotzkistische Weltbewegung dazu auf, neue, unabhängige Klassenorganisationen und Aktionskomitees zu bilden. Grundlage dafür ist die Ablehnung des Profitsystems und des kapitalistischen Nationalstaats und das Bestreben, Arbeiter über nationale Grenzen hinweg auf der Grundlage ihrer gemeinsamen Klasseninteressen zu vereinen.

Alle, die mehr über diese Perspektive erfahren wollen, sollten an der vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale organisierten Online-Kundgebung am 3. Mai teilnehmen. Um die Übertragung auf der World Socialist Web Site zu verfolgen, könnt ihr euch hier anmelden.

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