Perspektive

Venezolaner von US-Einwanderungspolizei nach El Salvador verschleppt, weil er mit dem Auto falsch abgebogen ist

Ricardo Prada Vásquez [Photo by Hugo Prada via New York Times]

Ricardo Prada Vásquez, ein 32-jähriger Einwanderer aus Venezuela mit einem legalen Aufenthaltsstatus in den USA, wurde offenbar in El Salvadors berüchtigtes Hochsicherheitsgefängnis Centro de Confinamiento del Terrorismo (CECOT) verschleppt, nachdem er versehentlich auf der Ambassador Bridge in Detroit, Michigan, falsch abgebogen war.

Die Brücke, eine der meistbefahrenen internationalen Grenzübergänge Nordamerikas, verbindet Detroit mit Windsor, Ontario. Aufgrund der Komplexität der nahe gelegenen Autobahnen nehmen selbst Anwohner gelegentlich den falschen Zubringer. Für Ricardo Prada führte dieser unschuldige Fehler zu seiner Verhaftung, Abschiebung und Verschleppung in ein ausländisches Gefängnis.

Lastwagen aus Ontario (Kanada) fahren über die Ambassador-Brücke nach Detroit (USA), 3. Februar 2025 [AP Photo/Paul Sancya]

Am Dienstagmorgen berichtete die New York Times über Pradas Abschiebung an einen zu dem Zeitpunkt noch unbekannten Ort. Mehr als zehn Stunden lang weigerte sich das Department of Homeland Security (DHS), seinen Aufenthaltsort bekannt zu geben. Erst gegen 16 Uhr erklärte die Sprecherin des DHS, Tricia McLaughlin, auf X (Twitter), dass Prada am 15. März „nach El Salvador abgeschoben“ worden sei.

Ohne Beweise vorzulegen, behauptete McLaughlin, Prada sei ein Mitglied der venezolanischen kriminellen Organisation TDA (Tren de Aragua) und stelle eine „Gefahr für die öffentliche Sicherheit“ dar. Ein Einwanderungsrichter habe am 27. Februar seine Abschiebung angeordnet.

Der Einwanderungsstatus von Prada war eindeutig geklärt. Wie die Times zuerst berichtete, reiste Prada im November 2024 legal in die USA ein, nachdem er einen Termin über die CBP One App vereinbart hatte. Das ist die App der US-Zoll- und Grenzschutzbehörde, die unter der Trump-Regierung von einer Plattform für Asylbewerber in ein Instrument zur erzwungenen „Selbstdeportation“ umgewandelt wurde.

Nach seiner Ankunft in den USA ließ sich Prada in Detroit nieder und arbeitete als Lieferfahrer. Am 15. Januar, als er eine Bestellung bei McDonald’s abholte, bog er falsch ab und musste die Ambassador Bridge nach Kanada überqueren. Anstatt ihn umkehren zu lassen, nahm ihn die Einwanderungsbehörde fest, weil er angeblich versucht habe, wieder in die Vereinigten Staaten einzureisen. Dabei hatte er einen legalen Aufenthaltsstatus.

Während seiner Haft in einem texanischen Gefängnis rief Prada am 15. März einen Freund in Chicago an – sein letzter bekannter Kontakt. Er sagte am Telefon, dass er vermutlich nach Venezuela zurückgeschickt werde. Noch in derselben Nacht begann die Trump-Regierung mit geheimen Abschiebeflügen von Einwanderern in das Terrorismus-Gefängnis in El Salvador, obwohl die meisten Betroffenen keine Vorstrafen hatten.

Mit diesen Abschiebungen missachtete die Regierung eine Anordnung von Richter James E. Boasberg des US-Bezirksgerichts von Columbia, alle Flüge zu stoppen oder umzudrehen, wenn sie bereits unterwegs waren.

Seitdem hat man nichts mehr von Prada gehört. Sein Name erscheint nicht auf der von Anwälten und Bürgerrechtsgruppen zusammengestellten Liste von 288 Männern aus Venezuela und El Salvador, die im März illegal ins CECOT verlegt wurden. Es ist keine Übertreibung zu sagen, dass diese Männer verschwunden sind: Die US-Regierung weigert sich, eine umfassende Liste aller CECOT-Gefangenen vorzulegen, geschweige denn Erklärungen dazu abzugeben.

Unabhängige Untersuchungen bestätigen, dass die überwiegende Mehrheit der im CECOT inhaftierten Personen keiner Straftat angeklagt wurde. Unter den Gefangenen sind Andry Hernandez Romero, ein homosexueller Make-up Artist, der Musiker Arturo Suárez Trejo, der Profi-Fußballer und Trainer Jerce Reyes Barrios sowie der Familienvater Kilmar Abrego Garcia, der seit langem in Maryland wohnt, mit einer US-Bürgerin verheiratet ist und drei Kinder mit amerikanischer Staatsbürgerschaft hat.

Bei einer Gerichtsanhörung am 4. April räumte der erfahrene Anwalt des Justizministeriums Erez Reuveni ein, dass Abrego Garcia aufgrund eines „Verwaltungsfehlers“ zu Unrecht abgeschoben wurde. Für dieses Eingeständnis wurde Reuveni beurlaubt und dann am 15. April entlassen, weil er angeblich nicht „eifrig“ genug für die Position der Regierung eingetreten sei. Die Regierung beansprucht für sich das Recht, jeden – sogar US-Bürger – ohne ordnungsgemäßes Verfahren oder gerichtliche Prüfung abzuschieben.

Trumps Machtanmaßung, Menschen als angebliche „Terroristen“ verschwinden zu lassen, ist eine ernste Bedrohung für die Demokratie. Diese Regierung tritt die Verfassung und die demokratischen Rechte mit Füßen und sowohl die Demokraten als auch die offiziellen Institutionen leisten praktisch keinen Widerstand dagegen.

Am 5. und 19. April brachen landesweite Massenproteste gegen Trumps autoritäre Politik aus, die sich auch gegen die Angriffe auf Einwanderer und internationale Studierende richteten. Doch die Demokraten haben die Rechtfertigungen der Regierung heruntergespielt oder wiederholt. Auf einer Pressekonferenz am 18. April bezeichnete der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom – ein möglicher Präsidentschaftskandidat der Demokraten für 2028 – den Fall Abrego Garcia als „Ablenkung des Tages“. Er griff sogar Trumps Rhetorik auf und sagte, die Demokraten machten sich angreifbar für die Frage, ob sie die MS-13 – die lateinamerikanischen Gangs Mara Salvatrucha – verteidigen.

Axios berichtet, dass ein demokratischer Abgeordneter des Repräsentantenhauses in Frage stellte, ob Abschiebungen „ein großes Thema für die Demokraten sein sollten“. Ein anderer tat die öffentliche Empörung ab und behauptete, Trump stelle „eine Falle“.

Die Demokratische Partei ist weit davon entfernt, Widerstand zu leisten. Sie hilft Trump vielmehr dabei, seine faschistische Agenda umzusetzen, indem sie die Bereicherung der Finanzeliten vorantreibt und einen Weltkrieg vorbereitet. Arbeiter können sich nicht auf die Gerichte verlassen, über die sich Trump bereits hinwegsetzt. Wenn ein unschuldiger Autofahrer nur wegen Falschabbiegens in ein ausländisches Gefängnis entführt werden kann, was schützt dann einen Arbeiter – unabhängig von seiner Staatsbürgerschaft –, der es wagt, sich der faschistischen Politik des Trump-Regimes zu widersetzen?

Gewaltsame Entführungen von Menschen ohne ordentliches Gerichtsverfahren sind nicht die Methoden einer Demokratie. Sie erinnern an die dunkelsten Kapitel der imperialistischen Außenpolitik der USA, wie ihre Unterstützung für die „Operation Condor“, eine staatsterroristische Geheimdienstoperation gegen linke Oppositionelle in den 1970er und 1980er Jahren in Südamerika unter der Schreckensherrschaft des chilenischen Pinochet-Regimes und der Militärdiktaturen in Argentinien und Brasilien.

Die Arbeiter müssen unabhängig handeln, um dieses gesetzlose Regime zu stoppen. Auf die „nächste Wahl“ zu warten, wäre töricht. Trump strebt ganz offen eine dritte Amtszeit an, was gegen die Verfassung verstößt. Er droht auch, „Homegrowns“, also in den USA geborene US-Bürger, abzuschieben.

Auch auf die nationalistischen Gewerkschaften können sich die Arbeiter nicht verlassen. Der Vorsitzende der US-Autogewerkschaft UAW, Shawn Fain, und der Chef der Transportgewerkschaft Teamsters, Sean O’Brien, stellen sich auf die Seite von Trumps Handelskrieg und Nationalismus. Während die Vorbereitungen für einen dritten Weltkrieg eskalieren, bieten sich die Gewerkschaften als „Betriebspolizei“ für den Möchtegern-Diktator an und unterstützen gleichzeitig seine Angriffe auf Einwanderer.

Um die demokratischen Rechte zu verteidigen, müssen die Arbeiter an jedem Arbeitsplatz – in Betrieben, Schulen, Krankenhäusern – unabhängige Aktionskomitees bilden. Der Kampf gegen Faschismus ist ein Klassenkampf. Mit denselben Methoden, die heute gegen Migranten eingesetzt werden, werden sie morgen gegen alle vorgehen, die Widerstand leisten.

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