Ukraine-Gipfel unterstreicht Entschlossenheit der europäischen Mächte zur Eskalation des Kriegs gegen Russland

Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius (links) und seine ukrainischen und britischen Amtskollegen Rustem Umerow (Mitte) und John Healey (rechts) bei einer Pressekonferenz nach dem Treffen der Ukraine Defence Contact Group im Nato-Hauptquartier in Brüssel, 11. April 2025 [AP Photo/Geert Vanden Wijngaert]

Auf dem Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe am Freitag in Brüssel haben die europäischen imperialistischen Mächte der Ukraine über 20 Milliarden Euro weitere Militärhilfe zugesagt und sich martialisch gegen Russland geäußert. Deutschland, Großbritannien und Frankreich machten ihre Entschlossenheit deutlich, den Krieg gegen Russland noch jahrelang fortzusetzen. Gleichzeitig appellierten sie an die Trump-Regierung, Sicherheitsgarantien für einen potenziellen Einsatz von Nato-Bodentruppen in der Ukraine zu bieten.

Den gemeinsamen Vorsitz bei dem Treffen hatten der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius und sein britischer Amtskollege John Healey, die beide neue Zusagen zur Bereitstellung von Waffen für die Ukraine machten. Zum ersten Mal, seit die Gruppe im April 2022 ins Leben gerufen wurde, nahm kein Vertreter der USA persönlich daran teil.

Pistorius sicherte zu, Deutschland werde bis 2029 zusätzlich zu den bereits zugesagten enormen Summen weitere elf Milliarden Euro an Militärhilfe leisten. Dazu gehört die Lieferung von 15 Leopard-Kampfpanzern, 25 Marder-Schützenpanzern, 300 Aufklärungsdrohnen, vier IRIS-T-Luftabwehrsystemen, 100 Bodenüberwachungsradaren und 100.000 Artilleriegeschossen im Verlauf dieses Jahres. Healey erklärte, Großbritannien werde noch dieses Jahr 4,5 Milliarden Pfund an militärischer Unterstützung leisten – der größte jährliche Gesamtbetrag seit Beginn des Kriegs gegen Russland. Dieses Paket beinhaltet weitere 450 Millionen Pfund für Drohnen, Panzerabwehrminen und die Reparatur von Militärfahrzeugen, wovon Norwegen 100 Millionen Pfund beisteuern wird.

Pistorius und Healey ließen keinen Zweifel daran, dass die europäischen imperialistischen Mächte den Konflikt mit Russland verschärfen wollen, der die Gefahr eines direkten Kriegs zwischen Atommächten birgt. Pistorius erklärte auf einer Pressekonferenz, angesichts der anhaltenden russischen Aggression müsse man eingestehen, dass Frieden in der Ukraine in naher Zukunft unerreichbar zu sein scheint. Russland müsse verstehen, dass die Ukraine in der Lage ist, den Kampf fortzusetzen.

Healey beharrte auf der Notwendigkeit, den Druck auf den russischen Präsidenten Wladimir zu verschärfen: „Jetzt ist der entscheidende Moment... für die Verteidigungsindustrien, die Militärs und Regierungen, die Anstrengungen zu verstärken.“ Einen Tag zuvor hatte er gemeinsam mit dem französischen Verteidigungsminister Sebastien Lecornu den Vorsitz bei einem Treffen der „Koalition der Willigen“ in Brüssel geführt, bei dem er gewarnt hatte, der Westen dürfe „den Frieden nicht gefährden, indem er den Krieg vergisst“. Die Koalition war letzten Monat vom britischen Premierminister Keir Starmer und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron ins Leben gerufen worden, um die Stationierung von Bodentruppen in der Ukraine zu koordinieren, angeblich um einen potenziellen Waffenstillstand zu überwachen.

Die Ereignisse vom Freitag haben verdeutlicht, wie die USA und ihre ehemaligen europäischen imperialistischen Verbündeten im Ukraine-Krieg und bei ihren Bestrebungen, die eurasische Landmasse ihren räuberischen Interessen zu unterwerfen, zunehmend unterschiedliche Ziele verfolgen. Während Pistorius und Healey einen milliardenschweren Plan zur Eskalation des Kriegs gegen Russland skizzierten, nahm US-Verteidigungsminister Pete Hegseth nur virtuell an dem Treffen teil, da er gerade in Panama über die Bedingungen für den Einsatz von US-Truppen am Panamakanal verhandelte. Aus Washington kamen keine neuen Zusagen für militärische Unterstützung. Hegseth wurde lediglich mit den Worten zitiert, die USA wüssten zu schätzen, was „ihr Leute tut“, womit er die europäischen Mächte meinte.

Während des Treffens der Verteidigungsminister landete Trumps Sondergesandter Steve Witkoff in St. Petersburg zu Gesprächen mit Putin. Es war das dritte Mal, dass Witkoff Russland seit Februar besucht hat. Nur einen Tag zuvor hatten sich Delegationen der USA und Russlands in Istanbul zu Gesprächen über eine weitere Normalisierung der diplomatischen Beziehungen getroffen. In einer Erklärung des US-Außenministeriums wurde der „konstruktive Ansatz“ der Gespräche am Donnerstag als auch bei der früheren Runde Ende Februar hervorgehoben.

Trump hat wiederholt betont, dass er ein Abkommen zur Beendigung der Kämpfe in der Ukraine unterstützt. Dafür müsse Kiew einem Deal zustimmen, der den USA ungehinderten Zugang zu den ukrainischen Rohstoffen gewährt, während Washington ein Abkommen mit Putin schließt, der die kapitalistische Oligarchie Russlands zwingt, US-Konzernen in ganz Russland Geschäftsmöglichkeiten zu eröffnen. Diese Gespräche haben nichts mit Trumps angeblichem Eintreten für „Frieden“ zu tun, sondern sollen die bestmöglichen Bedingungen für die Unterwerfung der russischen und ukrainischen Oligarchien unter die imperialistischen Ziele Washington schaffen. Damit will sich Washington Zugang zu den riesigen Rohstoffvorkommen, billigen Arbeitskräften und strategisch wichtigen Gebieten der Region sichern. Vertreter der US-Regierung haben getrennte Gespräche mit beiden Konfliktparteien geführt, ohne Beteiligung von Vertretern der europäischen imperialistischen Staaten.

Das Ergebnis der amerikanisch-russischen Verhandlungen ist noch unklar, klar ist allerdings, dass sie eine Verschärfung der Konflikte zwischen den imperialistischen Mächten darstellen, die um Einfluss bei der Aufteilung der eurasischen Landmasse ringen. Washingtons Kurswechsel in der Ukraine-Politik geht einher mit Bestrebungen, seine Ressourcen auf die Vorbereitung eines Kriegs gegen China zu konzentrieren – die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt und das Hauptziel von Trumps Handelskrieg.

Gleichzeitig ist die größte Befürchtung der europäischen Imperialisten, die immense Summen in den Ukrainekrieg investiert haben, bei der Verteilung der Beute zu kurz zu kommen, wenn Washington separate Abkommen mit der Ukraine und Russland schließt. Sie hoffen, ihre Position stärken und sich den Löwenanteil an der Beute sowohl in der Ukraine als auch in Russland sichern zu können, indem sie den Konflikt durch den Einsatz immer größerer Mengen an Kriegsgerät und letztendlich ihrer eigenen Truppen weiter eskalieren.

Die Verschärfung der Differenzen zwischen den imperialistischen Mächten ist eine Folge der immer tieferen globalen Krise des Kapitalismus, die sie alle dazu treibt, sich an einer Neuaufteilung der Welt zu beteiligen. David North, der Vorsitzende der internationalen Redaktion der World Socialist Web Site erklärte dazu Ende 2022 im Rahmen einer internationalen Kundgebung gegen den Nato-Krieg in der Ukraine:

Letztlich ist das politische Ziel des Krieges – wie in beiden Weltkriegen des 20. Jahrhunderts – eine Neuaufteilung der Welt unter den imperialistischen Mächten. Die Logik dieses Prozesses geht sogar über den Konflikt mit Russland und China hinaus. Das Nato-Bündnis und die zusätzlichen Militärpakte, die Länder in Asien und im asiatisch-pazifischen Raum einschließen, sind keine versöhnliche Bruderschaft, sondern eine Bande von imperialistischen Räubern und Halsabschneidern. Die Logik der interimperialistischen Rivalität wird in nicht allzu ferner Zukunft zu erbitterten Konflikten zwischen den vorübergehenden Verbündeten von heute führen. Die Feindschaften der Vergangenheit, wie z.B. zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland, werden unweigerlich wieder hervortreten.

Diese Rivalitäten kommen jetzt wieder zum Vorschein, da die politischen Establishments in ganz Europa erkennen, dass das transatlantische Bündnis, das die Nachkriegszeit beherrschte, zusammengebrochen ist. Doch die europäischen Mächte stehen vor dem Problem, dass sie derzeit nicht über genug militärische Kapazitäten für ihre imperialistische Kriegstreiberei verfügen. Trotz der riesigen Summen, die der Ukraine beim Treffen am Freitag zugesagt wurden, sind Starmer und Macron mit ihren Versuchen gescheitert, eine Militärmacht für eine „Friedensmission“ oder zur Durchsetzung von „Sicherheitsgarantien“ zusammenzustellen. Nur Frankreich und Großbritannien haben sich öffentlich verpflichtet, für ein solches Vorhaben Truppen bereitzustellen, und sogar diese Länder haben keine Details genannt, wie viele Soldaten sie einsetzen könnten. Alle Verteidigungsminister, die am Donnerstag beim Treffen der „Koalition der Willigen“ gesprochen haben, betonten, dass ohne amerikanische Sicherheitsgarantien nichts dabei herauskommen würde.

Dass die europäischen Mächte noch immer von den USA abhängig sind, zwingt sie zu einer noch aggressiveren Aufrüstung, was Angriffe auf die soziale Lage der Arbeiterklasse von einem Ausmaß erfordert, wie es sie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gegeben hat. Die europäischen Imperialisten haben in den letzten Monaten kollektiv Erhöhungen ihrer Militärausgaben um Billionen Euro zugesagt. Diese Mittel können sie nur aufbringen, wenn sie auf ihrer Seite des Atlantiks Regime nach dem Vorbild Trumps errichten, um die notwendigen Angriffe auf die sozialen und demokratischen Rechte der Arbeiter durchzusetzen.

Die Arbeiterklasse ist die einzige gesellschaftliche Kraft, die in der Lage ist, die weitere Eskalation des Kriegs gegen Russland und den sich anbahnenden Weltkrieg zwischen den imperialistischen Mächten zu verhindern. Sie muss auf der Grundlage eines sozialistischen und internationalistischen Programms mobilisiert werden, das den Kampf gegen Krieg mit der Verteidigung aller Arbeitsplätze und des Lebensstandards der Arbeiter verbindet.

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