Nach Netanjahus Treffen mit Trump treibt Israel Völkermord und Blockade in Gaza voran

Palästinenser sammeln mit Plastiktüten Leichenteile aus den Trümmern eines Gebäudes in Chan Yunis im südlichen Gazastreifen, das von einem israelischen Luftangriff zerstört wurde [AP Photo/Mariam Dagga]

Am Montag traf sich der als Kriegsverbrecher verurteilte israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu im Weißen Haus mit US-Präsident Donald Trump. Einen Tag später setzte Israel seine Versuche fort, die Palästinenser im Gazastreifen auszurotten oder zu vertreiben.

In den letzten 48 Stunden wurden bei israelischen Luftangriffen im Gazastreifen mindestens 38 Palästinenser getötet und weitere 55 verwundet, darunter auch Kinder. Viele der Todesfälle ereigneten sich bei einem Angriff auf ein Wohngebäude in Shuja’iya im südlichen Viertel der Altstadt von Gaza, außerhalb der Stadtmauern, das mit früher bis zu 100.000 Einwohnern eines der größten Stadtviertel von Gaza ist.

Zweifellos wusste das israelische Militär, dass das Gebiet dicht besiedelt und durch Flüchtlinge, die in Zelten im Umfeld des Wohngebäudes lebten, zusätzlich überfüllt war. Eben deshalb wurde das vierstöckige Gebäude neben der al-Hawashi-Moschee angegriffen. Insgesamt wurden dabei acht Häuser zerstört und mehrere umliegende Gebäude stark beschädigt.

Wieder rechtfertigte Israel seinen Angriff auf Zivilisten mit der Behauptung, es habe einen hochrangigen Hamas-Anführer „eliminieren“ wollen – ohne einen Namen zu nennen oder einen Beweis zu liefern. Bei dem Angriff wurden mindestens 23 Menschen getötet, darunter acht Frauen und acht Kinder.

Al Jazeera berichtete über den Vorfall:

Ersthelfer und Nachbarn, die knapp dem Tod entronnen waren, mussten mit bloßen Händen in den Trümmern suchen, da kein anderes Werkzeug vorhanden war.

Anas el-Titr, der in einem der von israelischen Flugzeugen angegriffenen Häuser lebte, erklärte:

Sie haben nichts mit den Kämpfen zu tun. Das sind Kinder, sie sind unschuldig ... Das sind Frauen, die im Haus bleiben. Sie haben nichts mit den Kämpfen zu tun. Warum werden sie angegriffen?

Da es keine freien Krankenwagen mehr gab, mussten viele Opfer auf Eselskarren transportiert werden. Die Rettungskräfte, die bei israelischen Angriffen selbst in großer Zahl getötet werden, sind überlastet.

Aufgrund des anhaltenden Konflikts gibt weiterhin eine hohe Zahl an Todesopfern unter den Zivilisten, und die humanitäre Krise verschlimmert sich in allen Teile des Gazastreifens.

Nach seinem privaten Treffen mit Trump am 7. April erklärte Netanjahu bei einer Fragestunde mit der Presse im Weißen Haus, man arbeite an einem Plan, der „den Menschen im Gazastreifen eine freie Entscheidung ermöglichen soll, dorthin zu gehen, wo sie wollen“. Weiter erklärte er, die USA und Israel würden mit mehreren Ländern zusammenarbeiten, die zur Aufnahme von Palästinensern bereit seien. Damit gab er in Wirklichkeit zu, dass sein Ziel die ethnische Säuberung des Gazastreifens ist. Denn in ihrer Heimat zu bleiben gehörte nicht zu den „freien Entscheidungen“, die den Palästinensern angeboten werden.

Wie die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen erklärte, wurde bei einem weiteren israelischen Angriff in der so genannten Schutzzone al-Mawasi im Süden des Gazastreifens eine ihrer Kliniken nur knapp verfehlt. Gleichzeitig wurden bei einem Angriff auf ein Haus in Deir al-Balah im zentralen Gazastreifen laut dem Al-Aqsa-Märtyrer-Krankenhaus (in das die Leichen gebracht wurden) elf Menschen getötet, darunter fünf Kinder ab zwei Jahren. Weitere vier Personen wurden bei einem Angriff auf ein anderes Haus getötet.

Bei einem Angriff auf Beit Lahiya im Norden des Gazastreifens wurden laut dem Gesundheitsministerium von Gaza ein Haus zerstört und eine siebenköpfige Familie getötet. Bei einem weiteren Angriff auf eine Menschengruppe in einer offenen Fläche nordwestlich von Gaza-Stadt wurden vier Menschen getötet, darunter eine Frau, die nächste Woche heiraten wollte.

Israel hat seit mittlerweile sechs Wochen eine vollständige Blockade über den Gazastreifen und dessen 2,3 Millionen Einwohner verhängt. Die Nahrungsmittel, die während des kurzlebigen Waffenstillstands eingelagert wurden, gehen zur Neige, die Verteilung von Notmahlzeiten wird eingestellt, die Bäckereien haben geschlossen und die Märkte sind leer.

Die internationale Bauernorganisation La Via Campesina rief am Dienstag in einer Pressemitteilung zu schnellen Notfallmaßnahmen auf, um „das Aushungern und den Zusammenbruch des Lebens im Gazastreifen“ zu verhindern. Die Organisation verurteilte die von Israel herbeigeführte Hungersnot im Gazastreifen. 93 Prozent der Bevölkerung leiden unter akuter Ernährungsunsicherheit. Im Gazastreifen herrscht die höchste Stufe der Ernährungsunsicherheit nach der Integrated Food Security Phase Classification, die als „Ausrottung durch Hunger“ bezeichnet wird. Sie bedeutet weit verbreitete Hungertode, eine extrem kritische akute Unterernährung und den Zusammenbruch der überlebensnotwendigen Infrastruktur.

Weiter heißt es in der Erklärung:

Auf den Märkten gibt es kein Brot mehr; die Palästinenser sterben an Dehydrierung und unbehandelten Wunden; alle Bäckereien und Mühlen wurden zerstört; die Einfuhr von Treibstoff, Wasser, Strom und medizinischer Ausrüstung wird weiterhin blockiert.

Diese Tatsachen erfüllen eindeutig den Tatbestand des Völkermords, wie er unter Artikel II(c) der Völkermordkonvention festgelegt ist: die „vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen für die Gruppe, die geeignet sind, ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen“.

Weil bisher alle Versuche, Israels Völkermord und das planmäßige Aushungern des Gazastreifens zu beenden – einschließlich diplomatischem Druck, juristischen Verfahren und sogar Waffenruhen – gescheitert sind, rufen wir dringend dazu auf, sofort Druck auf Israel auszuüben und die Einrichtung von multilateralen staatlich organisierten humanitären Hilfskorridoren und Schutztruppen einzuleiten, um die eskalierende Ausrottung im Gazastreifen zu beenden.

Am Montag veröffentlichte das Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) sein 278. Update zur humanitären Lage im Gazastreifen. Darin hieß es, die humanitäre Krise habe sich verschärft, da sich der Zugang zu Wasser, Hygiene und Nahrungsmitteln aufgrund der schwerwiegenden Einschränkungen und Infrastrukturschäden weiter verschlechtert hat.

Eine drastische Verschlechterung der Wasserversorgung sowie Strom- und Treibstoffknappheit haben den Zugang zu sicherem Trinkwasser stark beeinträchtigt. Nur eine der drei Mekorot-Wasserpipelines aus Israel ist noch funktionsfähig, das größte Entsalzungswerk hat seine Leistung um 85 Prozent zurückgefahren. Laut UNICEF hat sich die Trinkwasserversorgung so weit verschlechtert, dass nur noch sechs Liter pro Person pro Tag vorhanden sind. Dieser Wert könnte sich noch weiter verschlechtern, was die Gefahr von Krankheiten erhöht, vor allem bei Kindern.

Die hygienischen Bedingungen im Gazastreifen verschlimmern sich laut dem OCHA-Bericht weiter. Entsprechend belastet sind die medizinischen Einrichtungen. In mehr als 250 Ärztezentren fehlen die Mittel zur Verhinderung von Infektionen; die Krankenhäuser sind mit Opfern überlastet und ihre Medikamente gehen zur Neige. Diese Krise hat sich durch die Blockade weiter verschärft.

Die Unterernährung nimmt extrem zu. Die Säuglingsnahrung ist fast aufgebraucht, sodass Familien mit verseuchtem Wasser angemischte Alternativen benutzen müssen. UNICEF warnt, dass Tausende von Paketen mit lebensrettenden Hilfsgütern noch immer nicht in den Gazastreifen durchgelassen wurden. Dies sei keine Frage der Hilfsbereitschaft, sondern eine völkerrechtliche Verpflichtung.

Auch der Zusammenbruch der Nahrungsmittelproduktion schafft lebensbedrohliche Verhältnisse. Bauern haben Probleme mit der Bewässerung; Viehzüchter verlieren ihre Tiere in alarmierendem Ausmaß; Fischer sind mit Sicherheitsrisiken und Materialknappheit konfrontiert. Die Zerstörung der Agrarinfrastruktur und die anhaltenden Einschränkungen der Bewegungsfreiheit machen es immer schwerer, Nahrungsmittel aufzutreiben. Da essenzielle Ressourcen zur Neige gehen und die humanitäre Hilfe schrumpft, ist das Überleben insbesondere der Kinder und anderer anfälliger Gruppen im Gazastreifen akut bedroht.

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