Trump verhängt Zölle von 104 Prozent gegen China inmitten zunehmender Finanzturbulenzen

Eine Woche, nachdem US-Präsident Trump unter dem Banner so genannter „reziproker Zölle“ seinen Wirtschaftskrieg gegen die Welt begonnen hat, gelten für China ab dem 9. April Zölle auf Waren in Höhe von 104 Prozent.

Zuvor hatte Trump letzte Woche Zölle in Höhe von 54 Prozent auf Warenimporte aus China verhängt. China reagierte darauf mit Zöllen von 34 Prozent auf Importe aus den USA. Daraufhin erhöhte Trump die Zölle für chinesische Importe um weitere 50 Prozent.

Zusammen mit den früheren Zöllen, die unter der ersten Trump-Regierung eingeführt und unter Präsident Biden beibehalten wurden, liegt die Gesamthöhe der Zölle gegen China jetzt bei etwa 120 Prozent. Das hat es bisher noch nicht gegeben.

Peking blieb unbeugsam in Reaktion auf die jüngsten Maßnahmen. Ein Sprecher des Handelsministeriums erklärte:

Wenn die USA mit diesen verschärften Zollmaßnahmen weitermachen, wird China entschlossen Gegenmaßnahmen ergreifen, um seine eigenen Rechte und Interessen zu schützen.

Wenn die USA darauf bestehen, ihren eigenen Weg zu gehen, wird China bis zum Ende kämpfen.

Während andere Länder sich um Gespräche und Verhandlungen bemüht haben, bereitet sich Peking auf eine große Schlacht vor. Der offene Konflikt zwischen der Nummer eins und der Nummer zwei der Volkswirtschaften wird auf der ganzen Welt widerhallen und weitreichende Auswirkungen auf alle Länder haben – noch mehr als bisher.

Der Sprecher des chinesischen Handelsministeriums erklärte, die Eskalation der Zölle sei „ein Fehler, der einen weiteren Fehler nach sich zieht und einmal mehr den erpresserischen Charakter der US-Seite offenbart. China wird das niemals akzeptieren.“

Die Länder Südostasiens wurden in den Wirtschaftskrieg gegen China hineingezogen. Gegen sie wurden einige der höchsten Zölle verhängt – 24 Prozent für Malaysia, 46 Prozent für Vietnam, 49 Prozent für Kambodscha, 32 Prozent für Indonesien und 37 Prozent für Thailand. Diese Zölle drohen, die Wirtschaften dieser Länder zu zerstören.

Ziel dieser Maßnahmen ist es nicht, die Handelsbilanz zwischen den USA und diesen Ländern anzugleichen oder ins Gleichgewicht zu bringen. Nicht einmal Vertreter der Trump-Regierung – und seien sie noch so geistig umnachtet – halten das auch nur ansatzweise für möglich, da die betroffenen Länder nicht über die nötigen wirtschaftlichen Mittel verfügen, um mit den USA Schritt zu halten.

Die Zollerhöhungen gegen die Region dienen wirtschaftlichen und geopolitischen Zielen.

Nachdem Trump in seiner ersten Amtszeit bereits Zölle gegen China verhängt hatte, verlagerten viele Unternehmen einen Teil ihrer Produktion für den US-Markt nach Südostasien, um die Zölle zu umgehen. Diese Strategie, die als „China Plus Eins“ bezeichnet wurde, ist nun nicht mehr möglich.

Die geopolitischen Ziele ergeben sich aus einer Situation, die sich in den letzten 15 Jahren entwickelt hat.

Seit US-Präsident Obama im Jahr 2011 seine anti-chinesische Initiative „Pivot to Asia“ ins Leben gerufen und im australischen Parlament verkündet hat, versuchen viele Länder der Region einen Balanceakt zwischen China, mit dem sie umfassende wirtschaftliche Beziehungen haben, und den USA aufrechtzuerhalten.

Mit seinem Zollkrieg signalisiert Trump ihnen, dass die Zeit für solche Manöver vorbei ist. Entweder sie rücken von ihrem Standpunkt ab und stellen sich hinter die USA sowie deren immer schärferen Kriegskurs gegen Peking oder es wird sie schwer treffen.

Es könnte durchaus Verhandlungen mit ihnen über die Zölle geben. Allerdings würde es dabei nicht nur um wirtschaftliche Fragen gehen, denn die Trump-Regierung hat erklärt, dass jede Senkung der Zölle davon abhängt, dass sich die Staaten „in Fragen der Wirtschaft und der nationalen Sicherheit an die Seite der USA stellen“. Und die wichtigste Frage ist China.

Trumps Krieg gegen die Welt hat erhebliche Auswirkungen auf die Realwirtschaft und das fragile Finanzsystem in den USA.

Bislang waren die Zollerhöhungen ein schwerer Schlag sowohl für die Verbraucher, die zahlreiche chinesische Produkte im Wert von Milliarden Dollar kaufen, als auch für die Unternehmen, die für ihre Produktionsprozesse auf Einfuhren aus China und vielen anderen Ländern der Welt angewiesen sind.

Fast die Hälfte der Importe in die USA sind Zwischenprodukte, die von US-Unternehmen zur Herstellung des Endprodukts benutzt werden. In der Vergangenheit richteten sich Zölle gegen importierte Fertigwaren. Doch angesichts der Entwicklung der globalisierten Produktion in den letzten vier Jahrzehnten gehört dies der Vergangenheit an.

Die gesamte Kostenstruktur der US-Unternehmen, der großen wie der kleinen, wurde angehoben. Im kapitalistischen System können sie diesem Effekt jedoch nur durch Kosten senkende Programme entgegenwirken – durch Entlassungen und gleichzeitige Verschärfung der Ausbeutung der verbliebenen Arbeiter –, um die Gewinne beizubehalten. Dieser Prozess hat bereits begonnen; Entlassungen aufgrund der Zölle werden bereits durchgesetzt.

Bisher zeigten sich die Auswirkungen des Zollkriegs am spürbarsten auf den Finanzmärkten. Die Wall Street erlebte am letzten Donnerstag und Freitag ihren viertgrößten Einbruch der Nachkriegszeit, bei dem Billionen Dollar an Börsenwerten vernichtet wurden.

Nach einem wilden Handelstag am Montag schloss der Markt schließlich mit sehr geringen Verlusten.

Doch der Abverkauf ging am Dienstag weiter. Der Aktienindex S&P 500 fiel um 1,6 Prozent, und der NASDAQ gab um zwei Prozent nach.

Die starken Kursverluste haben zu einem heftigen Streit zwischen zwei der wichtigsten Mitglieder von Trumps Gefolge geführt: Elon Musk, dem milliardenschweren Leiter der Effizienzbehörde DOGE, und Peter Navarro, dem Chefberater für Handel und Industrie und führenden Anti-China-Falke.

Am Dienstagmorgen bezeichnete Musk Navarro als „Schwachkopf“ und „dümmer als ein Sack Ziegelsteine“. Navarro hatte ihn zuvor in einem Fernsehinterview als „Automonteur“ bezeichnet, der mit seinem Widerstand gegen die neuen Zölle „seine eigenen Interessen schützt“.

Musks Angriff ist Ausdruck des Widerstands von Teilen der Finanzoligarchie, die befürchten, dass Trumps Maßnahmen die sprichwörtliche Gans töten, die goldene Eier legt. Ihre riesigen Vermögen beruhen nicht auf Autarkie und der Isolation der USA von der Weltwirtschaft, sondern auf der Ausnutzung der Globalisierung zu ihrem Vorteil.

Ein wichtiger Faktor bei der Anhäufung ihres Reichtums war die Vormachtstellung des Dollars, die es den USA ermöglichte, Schulden in historisch beispielloser Höhe zu machen, sodass durch Parasitismus und Spekulation riesige Vermögen angehäuft werden konnten.

Doch der von Trump vertretene wirtschaftliche Isolationismus, bei dem Navarro eine führende Rolle spielt, stellt die globale Rolle des Dollars in Frage.

Neben dem anhaltenden Abverkauf an den Finanzmärkten gab es noch eine weitere höchst bedeutsame neue Entwicklung, die auf die mögliche Entstehung einer weiteren Finanzkrise hindeutet.

Die erste Reaktion auf die Zollerhöhungen war ein Rückgang der Rendite von Staatsanleihen, da die Anleger sie auf der Suche nach einem sicheren Hafen kauften, weil sie befürchteten, dass Trumps Maßnahmen zu einer Rezession führen würden. (Die Preise und Renditen von Staatsanleihen stehen in einem umgekehrten Verhältnis zueinander: Wenn die Nachfrage nach Anleihen steigt, sinkt ihre Rendite.)

Doch am Montag und Dienstag ging die Bewegung in die andere Richtung. Am Montag stieg die Rendite für zehnjährige Staatsanleihen um 0,19 Prozentpunkte, der stärkste Anstieg innerhalb eines Tages seit dem 22. September. Am Dienstag, angesichts einer als „schwach “ bezeichneten Auktion zum Ankauf neuer Staatsanleihen in Höhe von 58 Milliarden Dollar, stieg die Rendite um weitere 0,11 Prozentpunkte.

Auf einem Markt, auf dem die Ausschläge nach unten wie oben in der Regel sehr gering sind, gilt ein Gesamtanstieg von 0,3 Prozent als groß.

Die Financial Times schrieb:

Der Abverkauf am Dienstag ist das jüngste Anzeichen dafür, dass sich einige Anleger selbst von Vermögenswerten mit sehr niedrigem Risiko trennen, da ... Trumps Zölle gegen wichtige Handelspartner eine starke Volatilität an den Märkten auslösen.

Eine der treibenden Kräfte hinter dem Abverkauf ist die Zunahme der Nachschussforderungen von Banken, die Hedgefonds und andere Händler finanzieren. Als Gegenleistung für weitere Kredite verlangen sie, dass ein Teil des Bargelds bei ihnen hinterlegt wird. Da der Wert der von den Fonds gehaltenen Vermögenswerte jedoch rapide sinkt, verlangen die Banken, dass mehr Geld bei ihnen hinterlegt wird.

Letzten Freitag wurde bekannt, dass einige Hedgefonds die größten Nachschussforderungen seit Beginn der Pandemie im Jahr 2020 erhalten haben. Dies hat zu einem Ansturm auf Bargeld geführt, da die Hedgefonds den Banken Geld nachschießen, um ihre Kreditlinien, auf die sie angewiesen sind, aufrechtzuerhalten.

Da Hedgefonds mit dem gleichen Geschäftsmodell arbeiten, besteht die Gefahr darin, dass bei einem allgemeinen Rückgang der Aktienkurse und anderer Finanzanlagen der Ansturm auf Barmittel zu einem umfassenden Ausverkauf führen und eine Finanzkrise auslösen kann.

Die Finanzoligarchie nimmt die Verschärfung der Krise eindeutig sehr ernst.

Die Arbeiterklasse muss das Gleiche tun. Dies gilt umso mehr, da sie im Gegensatz zu den herrschenden Eliten, die Maßnahmen zu ihrem Schutz entwickeln werden, über keine „Rettungsmechanismen“ innerhalb des kapitalistischen Systems verfügt.

Daher muss sie die Lage nüchtern einschätzen und auf dieser Grundlage die notwendige politische Strategie zum Kampf für ihre unabhängigen Interessen entwickeln.

Diese Einschätzung muss mit der Erkenntnis beginnen, dass der derzeitige „Wahnsinn“ nicht das Produkt des wahnhaften Gehirns von Trump ist. Er ist nur der ungeheuerlichste Ausdruck des tiefgreifenden Wahnsinns des kapitalistischen Systems, das er repräsentiert.

Zerstörerische Handels- und Wirtschaftskriege, die wachsende Gefahr eines dritten Weltkriegs, die allgegenwärtige Gefahr einer verheerenden Finanzkrise, die Aussicht auf eine Depression und eine endlose Liste anderer Probleme und Gefahren, während gleichzeitig die materiellen Ressourcen und die erhöhte Arbeitsproduktivität die Bedingungen für den Fortschritt der Menschheit geschaffen haben – dieser Wahnsinn bedeutet, dass das kapitalistische System historisch überholt ist und abgeschafft werden muss.

Denjenigen, die die Götter vernichten wollen, rauben sie zuerst den Verstand, heißt es.

Doch das kapitalistische System schafft sich nicht automatisch von selbst ab. Es kann nur durch den bewussten politischen Kampf der Arbeiterklasse für den internationalen Sozialismus beendet werden.

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